Am 18. Juni 2022 hatte der Angeklagte viele seiner Freunde und Bekannten zur fröhlichen Terrassen-Feier anlässlich der Eröffnung seiner Pizzeria in Ilsede eingeladen. Dort sollten die Gäste gemeinsam einen schönen Abend mit leckeren Speisen genießen. Es standen ausschließlich alkoholfreie Getränke zur Auswahl. Die mehr als 30 geladenen Teilnehmer mussten ungewöhnlich lange – bis zu drei Stunden – auf ihr bestelltes Essen warten, was der guten Stimmung nach Angaben der Zeugen jedoch keinen Abbruch tat.
Ein mit dem Wirt befreundeter Gast (47) kam bereits angetrunken zur Feier. Er gab an, dass er an dem Tag viel gearbeitet und wenig gegessen hatte. Daher war er nicht bereit, auf sein Essen zu warten. Immer wieder pöbelte er aggressiv die übrigen Gäste an und forderte, ihm sein Essen schnell zu bringen. Der Wirt wollte unnötigen Ärger vermeiden und forderte den angetrunkenen Freund auf, die Pizzeria zu verlassen. Der Gast wurde nach Haus gefahren, um Ruhe zu schaffen.
Doch gegen 23 Uhr kehrte der 47-Jährige wieder zurück und fing erneut an, die anwesenden Gäste zu belästigen und zu beleidigen, was schnell zu einem verbalen Streit führte. Zum Verlauf des Streits gab es sehr unterschiedliche Versionen. Welche davon stimmt, wollte das Gericht in der Verhandlung klären.
Während sich der angetrunkene Gast als Opfer von Übergriffen mit körperlicher Gewalt, zerrissener goldener Halskette und Kleidung, Schürfwunden und Würgemalen am Hals sah, konnte sich der angeklagte Wirt nur an ein gemeinsames, fast gewaltfreies Herausbegleiten des Gastes vom Außengelände der Pizzeria erinnern.
Diese Schilderung des Ablaufs wurde von den meisten Zeugen weitgehend bestätigt. Es habe keine Schläge oder Fußtritte gegeben, und das angebliche Opfer sei auch nicht zu Boden gegangen.
Die herbeigerufenen Polizisten hätten den Vorfall aufgenommen, aber auf einen Blutalkoholtest bei dem angeblich Geschädigten, sowie auf die Anhörung der anwesenden Zeugen verzichtet. Von den mehr als 30 weiteren Gästen will fast niemand etwas Konkretes gesehen haben. Außer, dass der Störenfried von drei bis vier Personen „vorsichtig vom Gelände geschubst“ worden sei. Die Polizei habe den Geschädigten aufgefordert, dass er die Pizzeria verlässt, da der Wirt auf seinem Hausrecht bestand.
Am Folgetag erschien der Störenfried auf der Polizeiwache, um dort eine Anzeige wegen Körperverletzung gegen den Wirt zu stellen. Seine Verletzungen wurden im Klinikum Peine ambulant behandelt. Da er nach seinen Angaben den Hals nicht schmerzfrei bewegen konnte, schreib ihn sein Hausarzt für zwei Wochen krank. Die Pizzeria wurde nur bis Ende 2022 vom Angeklagten – inzwischen arbeitslosen Familienvater – betrieben. Im Bundeszentralregister gibt es fünf Einträge über den 40-Jährigen.
Unter anderem stehen dort mehrere Betrugsfälle, Fahren von Kraftfahrzeugen ohne gültigen Versicherungsschutz, Beleidigung und Subventionsbetrug. Die Staatsanwältin sah die Anklagepunkte durch die Beweisaufnahme als weitgehend bestätigt an. Sie forderte eine Geldstrafe von 50 Tagessätzen je 10 Euro (insgesamt 500 Euro), sowie die Übertragung der Prozesskosten auf den Angeklagten.
Das sah der Verteidiger des 40-Jährigen jedoch völlig anders. Der Geschädigte (47) sei alkoholisiert zur Feier gekommen und habe die Gäste belästigt. Hierbei habe es keine Körperverletzung gegeben. In diesem Fall sei zum Schutz der Gäste lediglich vom Hausrecht Gebrauch gemacht worden. Was auch die Mehrheit der Zeugen im Prozess bestätigt habe. Somit sei der Sachverhalt aus der Anklage nicht bestätigt worden, daher forderte der Verteidiger einen Freispruch für seinen Mandanten.
Dieser Einschätzung schloss sich auch der vorsitzende Richter in seinem Urteil an. Die unterschiedlichen Aussagen würden an der Glaubwürdigkeit des Geschädigten zweifeln lassen. Auch das deutlich gewordene Fehlverhalten des Geschädigten (47) könne nur zu einem Freispruch des Angeklagten (40) führen. Die Kosten des Verfahrens gehen laut Urteil zu Lasten der Landeskasse.