Beim Thema Künstliche Intelligenz versucht sich das Wirtschaftsministerium am Spagat: Einerseits will man im Haus von Robert Habeck die Wachstumsbranche voranbringen, andererseits aber auch die Ängste in der Bevölkerung ernst nehmen. Die Lösung soll KI „made in Europe“ sein, wie Franziska Brantner, Staatssekretärin im Wirtschaftsministerium, im Gespräch mit dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) erklärte: In der EU soll es ihr zufolge strenge Regeln für den Einsatz von KIs geben, zugleich wolle man aber heimische KI-Unternehmen fördern.
Zuletzt machten vor allem künstliche Intelligenzen aus den USA Schlagzeilen: ChatGPT gehört zu den am schnellsten wachsenden Internetanwendungen aller Zeiten, der Chatroboter kann unter anderem Fragen beantworten, Texte erstellen und übersetzen. Dann zog Digitalgigant Google nach, dessen „Bard“ genannter ChatGPT-Konkurrent demnächst in 180 Ländern – allerdings nicht in Deutschland – nutzbar sein soll.
Hiesige Unternehmen spielen hingegen keine große Rolle. Stattdessen diskutiert man in Deutschland und Europa über eine umfangreiche Regulierung, Italien etwa sperrte zuletzt den Zugang zu ChatGPT. Auch in Deutschland lassen Umfragen erhebliche Skepsis erkennen.
„Es gibt Anwendungen, die sehr nützlich sind“, betonte dagegen Brantner, die als Grünen-Abgeordnete parlamentarische Staatssekretärin ist. Beispielsweise könne ein Arzt dank KI ein Röntgenbild per Knopfdruck mit Millionen anderen Aufnahmen abgleichen, um einen Tumor zu finden. Allerdings ist für die Staatssekretärin auch klar, dass es Grenzen geben muss: Bei der Auswertung der Röntgenaufnahmen könne sie hilfreich sein, über die Therapie – und damit womöglich über Leben und Tod – dürfe eine Maschine hingegen nicht entscheiden. „Es braucht einen klugen rechtlichen Rahmen“, sagt Brantner.
Ausdrücklich begrüßt sie deshalb den sogenannten risikobasierten Ansatz, für den sich auch der EU-Binnenmarktausschuss aussprach: Mögliche Einsatzbereiche sollen je nach Risiko mehr oder weniger Auflagen bekommen, an manchen Stellen soll KI komplett tabu bleiben. „Und wir brauchen Transparenz“, erklärte Brantner weiter. Bei Texten müsse beispielsweise stets erkennbar sein, ob sie von einer KI stammten. Allerdings müssten dafür auch hiesige Unternehmen gestärkt werden: „Wenn keiner mehr in Europa die Technologie beherrscht, dann wird es umso schwieriger, diese Technologie zu regulieren.“ Insbesondere bei der Forschung und der industriellen Anwendung sei man aber hierzulande „gar nicht so schlecht, wie wir manchmal glauben“. Momentan gingen jedoch viele Daten und Geschäftsgeheimnisse bei fortschrittlichen IT-Anwendungen in die USA.
Dort werde erheblich mehr privates und staatliches Geld investiert. Hiesige Unternehmen bräuchten deshalb mehr Kapital, 3 Milliarden Euro habe die Bundesregierung bereits investiert. „Wir müssen aber auch die privaten Investitionen deutlich steigern, um vertrauenswürdige KI made in Europe zu entwickeln“, sagte Brantner.
Zentral sei es, aus dem hierzulande vorhandenen Know-how auch messbar Wertschöpfung zu generieren. Der Staat solle deshalb die Forschungslandschaft unterstützen, um Unternehmen die jeweiligen Ergebnisse zur Verfügung zu stellen.
Zugleich zeigte sich Brantner optimistisch, vielen der Sorgen angesichts künstlicher Intelligenz begegnen zu können. Das gilt auch für den Arbeitsmarkt: Im Moment ringe Deutschland vor allem mit einem Arbeitskräftemangel, Roboter und KI-Lösungen könnten da Abhilfe bieten. Auch betonte sie, dass Automatisierung etwa in der Industrie nichts Neues sei – ohne Robotereinsatz könnten viele Unternehmen ohnehin nicht im vergleichsweise teuren Deutschland produzieren. „Insofern kann KI sogar dabei helfen, Standorte und damit Arbeitsplätze zu sichern.“