„Der Beschuldigte hat auf dem Hof gelebt“, berichtete ein Sprecher der Staatsanwaltschaft. „Die Durchsuchung diente dem Auffinden weiterer Beweismittel.“ Das zuständige Amtsgericht in Hildesheim habe einen entsprechenden Durchsuchungsbeschluss erlassen. Die Hintergründe der Tat seien weiterhin Gegenstand der Ermittlungen – auch dazu habe die Durchsuchung gedient. Der Beschuldigte hat sich noch nicht zur Tat geäußert.
„Auf Antrag der Staatsanwaltschaft hat das Amtsgericht Hildesheim den Haftbefehl aufgehoben und gleichzeitig die vorläufige Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet“, erklärte der Sprecher. „Es besteht die Vermutung, dass die Schuldfähigkeit des Beschuldigten bei der Tat aufgehoben war.“ In seinem Geständnis hatte sich der er 29-Jährige wie berichtet auf eine psychische Erkrankung berufen.
Das deckt sich mit der Wahrnehmung von Rainer Heuer. Der 68-Jährige ist Vorsitzender des Schützenvereins Eickenrode, in dem der 29-jährige Täter zwar Mitglied, aber kein aktiver Schütze war. „Er ist im Dorf nie negativ aufgefallen“, sagte Heuer. Auch was eine mögliche rechte Gesinnung angehe, sei das der Fall. „Wenn ich ihn gesehen habe, war er immer nett und freundlich, eher zurückhaltend.“
Auch der Vereinsvorsitzende weiß von psychischen Problemen, und dass der Täter in Behandlung war. „Er ist krank und hat mir erzählt, dass es ihm nicht gut geht und er manchmal ein Sausen im Kopf hat und Stimmen hört“, schildert Heuer. „Für mich ist die Tat ein Hilfeschrei gewesen, auch wenn dies der falsche Weg war und der junge Mann für seine Tat natürlich zur Rechenschaft gezogen werden muss.“
Heuer hofft, dass das Dorf jetzt wieder zur Ruhe kommt. „Die Stimmung in Eickenrode ist schon gedrückt.“ Viele haben das Gefühl, der ganze Ort sei in Misskredit gebracht und in Mitschuld genommen worden.
Das war passiert: Am Samstag, 17. Juni, hatte der 29-Jährige am Bahnhof in Peine gegen 12.45 Uhr mit einer Armbrust auf den 22-jährigen geschossen. Schon damals berichtete die Polizei, dass der Täter offenbar psychisch krank ist. Es gibt ein privates Handyvideo von der Tat, das der PAZ vorliegt. Darauf ist zu sehen, wie der 29-Jährige mit einer Armbrust im Anschlag dem Opfer in das Bahnhofsgebäude folgt. Der 22-Jährige ruft verzweifelt: „Gehen Sie weg!“ Danach muss der Schuss gefallen sein. Die Polizei war wenige Minuten nach dem Eingang der ersten Notrufe vor Ort. Der 29-Jährige wurde von zwei Polizisten, die ihre Dienstwaffen auf ihn gerichtet hatten, festgenommen. Er hatte neben der Armbrust auch eine Machete dabei, die allerdings nichts zum Einsatz kam.
In einer weiteren Videoaufnahme liegt das Opfer mit einem Pfeil im Rücken steckend im Gebäude, ein Polizist hockt neben ihm. Der 22-Jährige wurde von einem Rettungswagen zur Behandlung ins Peiner Klinikum gebracht. Er wurde zum Glück nicht lebensbedrohlich verletzt.
Der Beschuldigte hatte die Tat kurz darauf eingeräumt und sich auf psychische Probleme berufen, gab die Sprecherin der Staatsanwaltschaft Hildesheim, Christina Wotschke, wenige Tage später bekannt und . Er kam in Untersuchungshaft, der Vorwurf lautete auf versuchten Totschlag in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung. Ein rechtsradikaler Hintergrund wurde nicht ausgeschlossen.Bei der Durchsuchung in der Wohnung des Tatverdächtigen kurz nach der Tat soll ein Pullover der international agierenden Neonazi-Organisation „Combat 18“ gefunden worden sein, deren deutscher Ableger seit Anfang 2020 verboten ist. Kleidung mit offen rechter Symbolik des 29-Jährigen war es auch gewesen, die sogleich den Verdacht auf ein ausländerfeindliches Tatmotiv geweckt hatte: Neben einer Glatze und Springerstiefeln trug der Verdächtige ein T-Shirt der verbotenen Rechtsrockband Landser mit der Aufschrift „Deutsche Wut“.