Schweinefleisch ist vielseitig, einfach zuzubereiten und lässt sich gut konservieren. Das 100-jährige Jubiläum der Fleischerei Führmann ist deshalb nicht nur eine Familiengeschichte über drei Generationen, sondern zugleich ein Anlass, den Veränderungsprozess der Ernährungsgewohnheiten damals und heute genauer zu betrachten. Denn seit 100 Jahren steht die Fleischsorte Schwein im Fokus der Fleischerei Führmann, und erlebt jetzt unter der Leitung von Dina und Frank Führmann immer neue Zubereitungsvariationen, die den Zeitgeist treffen.
Die Großeltern des heutigen Inhabers Frank Führmann, Alwina und Gustav Führmann, begannen 1923 ihre selbstproduzierten und geernteten Produkte aus dem Stall und aus dem Ackeranbau in die Stadt zu fahren. Die Stadtbevölkerung hatte zwar keine Lebensmittelnot, doch eine Ergänzung mit frischen Produkten war bereichernd. Duft, Genuss und Qualität mit Bekömmlichkeitsgarantie waren es, was das Angebot mit Grundprodukten vom Schwein seinerzeit ausmachte.
Ende der 1940er Jahre kamen die Vertriebenen auch zu Führmanns. Es gab viele fleißige Hände auf dem Hof. Gustav Führmann, seine spätere Frau Ilse aus Breslau und sein Bruder Gustav Führmann freuten sich über die Verstärkung auch im Fleischerladen. So überstanden Führmanns mit eigenen Produkten aus der Landwirtschaft und Tierhaltung schwierige Zeiten. „Besonders in der Nachkriegszeit war es eine große Herausforderung, die Bevölkerung zu ernähren, obwohl meine Schwiegermutter sagte, dass es auf dem Land immer zu essen gebe“, erinnert sich Dina Führmann und ergänzt: „Eine Kundin der Fleischerei Führmann lebte in den Hungerzeiten in Braunschweig. „Sie erzählte oft, wie sie einen Rettich gehegt und gepflegt hatte, und was ihr dann dessen Ernte bedeutet hatte.“
Wer in den Nachkriegsjahren in Meerdorf und Umgebung Wurst und Fleisch vom Feinsten wollte, der ging in der Ortschaft gerne in die Duttenstedter Straße zu Fleischermeister Gerhard Führmann. Er verstand sein Handwerk- und seine Fleischerei – und legte den Grundstein für die Beliebtheit der Fleischerei Führmann mit Hauptgeschäft in Meerdorf und Filiale in der Twete in der Peiner Innenstadt. Daran hat sich bis heute nichts geändert.
Anfang der 1960er Jahre tat sich wiederum viel bei Führmanns. „Heimische Schweineprodukte waren immer noch das A und O für den Speiseplan - als Sonntagsbraten, Gulasch, Schnitzel und kamen in die Wurst“, berichtet Dina Führmann und betont: „Das Feiern zu Hause oder im Saal war groß angesagt und sogar bis zu unserem Polterabend im Jahr 1990 war es noch üblich, dass wir einige Frauen hatten, die Brötchen schmierten und belegten.“ Konfirmationen, Hochzeiten und andere Familienfeiern wurden oft von Kochfrauen begleitet, die bei den Menschen zu Hause am Herd standen. „Die Menükarte für die Konfirmation meines Schwagers bot Zunge in Madeira, damals etwas ganz Edles“, weiß Dina Führmann.
Auf den Dörfern war das Hausschlachten von Schweinen üblich. „Vom Rind wurden Suppenknochen und Suppenfleisch gern genommen und standen für nahrhafte Eintopfgerichte hoch im Kurs. Heute sind vom Rind Teilstücke wie Rouladen oder Schmorbraten mehr gefragt“, sagt Dina Führmann.
Der Fleischkonsum nahm zu, obgleich das Nahrungsmittel heute weniger besonders ist. Dennoch schätzen viele Grilllustige das Brutzeln unter freiem Himmel, sind zum Beispiel Smoker für große Barbecue Fleischstücke beliebt und junge Männer experimentieren daheim mit der Wurstmacherei. Der Fleischkonsum hat sich verändert – statt Sonntagsbraten und Suppenfleisch stehen Fleisch für Kurzgebratenes und Gehacktes für schnelle Essenszubereitung auf dem Speiseplan.
Seit mit Frank Führmann die dritte Generation das Geschäft 1990 übernommen hat, ist der Party Service der Fleischerei sehr gewachsen. Keine weiß es besser als seine Frau Dina Führmann, die sich um den Verkauf kümmert und sagt: „Wir haben damit die Kochfrauen ersetzt. Und wo früher nur ein Braten genommen und Beilagen selber organisiert wurden, ist zunehmend Bedarf für das ganze Essen durch uns.“ So haben Führmanns in diesen 33 Jahren die Palette an Fleisch, Fisch, Gemüse und Kartoffelvariationen stets erweitert.
„Das Interesse an ethnische Küchen, ob italienisch, asiatisch, oder arabisch ist groß. Das merken wir selber an unserem Essverhalten. Diese Küchen beinhalten Fleisch, doch in anderen Mengen“, berichtet Dina Führmann. Hauptzeiten für Fleisch sei die Grillsaison im Sommer, ebenso Feiertage wie Ostern und Weihnachten. „Unsere Wurst geht immer, und natürlich unser Sülzkotelett nach traditioneller Familienrezeptur“, freut sich die Fleischereifachverkäuferin. Für Führmanns heißt es also weiterhin – Schwein gehabt! Die Filiale der Fleischerei Führmann in der Twete in Peine, hat ab 19. August aus personellen Gründen nur vormittags geöffnet. bik