„Der Waldbrand im Hämelerwald und die diversen Stoppelfeldbrände im letzten Jahr, bei denen wir tätig werden mussten, haben uns gezeigt, dass hier noch Nachholbedarf bei der Ausbildung besteht“, erklärt Jessika Lahn, Ortsbrandmeisterin der Feuerwehr Mehrum. Um das zu ändern, lud die Feuerwehr das Waldbrandteam aus Vechelde ein, das aus Feuerwehrmitgliedern aus ganz Deutschland besteht. „Diese Mitglieder haben sich speziell dem Thema Wald- und Flächenbrandbekämpfung verschrieben und verfügen über Erfahrungen in Auslandseinsätzen sowie einer Ausbildung nach amerikanischen Vorbild“, erklärt Lahn.
Bereits im vergangenen Jahr habe eine solche Schulung auf Kreisebene stattgefunden – allerdings nur für Führungskräfte. „Eine Ausbildung durch das Niedersächsische Landesamt für Brand- und Katastrophenschutz oder den Landkreis Peine gibt es aktuell nicht“, so Lahn. Umso glücklicher ist sie, dass sie mit Lukas Hein einen engagierten Kameraden hat, der die Weiterbildung organisiert hat. Der Förderverein der Feuerwehr Mehrum hat zudem rund 1.500 Euro zur Verfügung gestellt, um diese Ausbildung zu realisieren. Neben den Kameradinnen und Kameraden der Feuerwehr Mehrum haben auch einige Feuerwehrleute aus Soßmar die Chance genutzt und an der besonderen Weiterbildung teilgenommen.
Insgesamt 25 Interessierte kamen also im Feuerwehrhaus in Mehrum zusammen, um zunächst durch die Ausbilder Sven Neumann und Christian Dejl in einer vierstündigen Theorie-Einheit die Grundlagen bei Vegetationsbränden kennenzulernen. „Es wurden die verschiedenen Wald- und Flächenbrände, sowie deren Entstehung erklärt“, schildert Lahn. „Zur Überraschung aller wurde von den Ausbildern erklärt, dass eine Glasscherbe nicht als Zündquelle ausreicht, um einen Brand zu entfachen“, so Lahn. „Belegt wurde dies durch eine wissenschaftliche Studie, die keinerlei nachweisbare Zündeigenschaften feststellen konnte.“ Auch einen unverhältnismäßig hohen Anstieg an Vegetationsbränden in den vergangenen Jahren sei in der Statistik nicht erkennbar gewesen.
„Erklärt wurden außerdem der Waldbrand-Gefahrenindex und der Grasland-Gefahrenindex, die durch den Deutschen Wetterdienst herausgegeben werden und regional unterschiedlich sein können“, sagt Lahn. Sicherheit, persönliche Schutzausrüstung, Ausbreitungsgeschwindigkeiten und Brandarten sowie wichtige Begriffe wie direkter und indirekter Angriff, linke und rechte Flanke sowie die LACES-Regel seien ebenso ausführlich erklärt worden. „Diese Regel wurde intensiv besprochen, da sie einen wichtigen Baustein bei diesen Ausbildungen beinhaltet und für die spätere Praxis von besonderer Bedeutung ist“, erklärt Mehrums Ortsbrandmeisterin. Sie vereine die englischen Begriffe Lookout, Ancerpoint, Communication, Escape Route und Safety Zone miteinander, was so viel bedeutet wie Beobachter, Ankerpunkt, Kommunikation, Rückweichen und Sicherheitszone.
„In eindrucksvollen Videos und anhand von Bildern wurde die besondere Dynamik von Flächenbränden besprochen“, erzählt Lahn. „Durch starken Wind und sich ändernder Topographie können sich solche Brände mit Geschwindigkeiten von bis zu elf Stundenkilometern ausbreiten.“ Anschließend sei die besondere Ausrüstung für diese Art von Bränden sowie die Einsatztaktik mit dieser Ausrüstung besprochen worden.
Und dann ging es endlich los: Aufgeteilt in drei Gruppen ging es zur ersten Praxiseinheit. „Es wurde der Aufbau eines Löschangriffs mit den Fahrzeugen im sogenannten Pump-and-Roll-Verfahren geübt“, so Lahn. „Dafür kam der Ausbilder Jan Hildebrandt vom Waldbrandteam dazu, der erst einen Tag zuvor aus seinem Auslandseinsatz in Portugal zurückgekommen war.“
Nach einer deftigen Gulaschsuppe ging es dann frisch gestärkt an die nächste große Praxiseinheit. „Dafür wurde mit den Fahrzeugen zu einem nahe gelegenen Stoppelfeld, das netterweise vom Landwirt Ralf Bläsig zur Verfügung gestellt wurde, übergesetzt“, so Lahn. „Es wurden Teile des Stoppelfeldes in Brand gesetzt, um die Ausbreitung beobachten zu können und das Feuer anschließend sowohl mit Fahrzeugen als auch mit Handwerkzeugen bekämpfen zu können. Hier kamen auch unsere zwei neuen Löschrucksäcke zum Einsatz, die vor einigen Monaten von der Bendorf Stiftung aus Hohenhameln gestiftet wurden“, erklärt Lahn.
Beeindruckend sei die achtstündige Ausbildung gewesen – und anstrengend. „Es war sehr lehrreich“, so die Mehrumer Ortsbrandmeisterin. „Nun gilt es diese neuen Erkenntnisse intensiv zu festigen, um für bevorstehende Einsätze vorbereitet zu sein.“