Klimaschutz im internationalen Vergleich: Deutschland schneidet einigermaßen gut ab. Aber auf den Lorbeeren dürfen sich die Politiker nicht ausruhen. Ansonsten droht das Land im Wettbewerb der Wirtschaftsstandorte zurückzufallen. Dies geht aus zwei aktuellen Studien hervor.
Im aktuellen Climate Action Tracker (CAT) wird Deutschland mit „ungenügend“ bewertet. Umgemünzt auf hiesige Schulnoten entspricht das einer Drei minus. Hauptkritikpunkt: „Das Verkehrsministerium scheint nicht die Absicht zu haben, Maßnahmen umzusetzen, um den Übergang des Sektors zu Nullemissionen einzuleiten“, heißt es im aktuellen Bericht des CAT. Selbst einfache Maßnahmen wie ein Tempolimit auf Autobahnen würden nicht umgesetzt.
Hinter dem Action Tracker stehen das internationale Forschungsinstitut Climate Analytics und die Non-Profit-Organisation NewClimate Institute. Der Tracker bewertet regelmäßig rund 40 Staaten. „Ungenügend“ bedeutet, dass Klimaziele und -verpflichtungen „erheblich verbessert werden müssen“, um dem Pariser Abkommen – Beschränkung der Erderwärmung auf 1,5 Grad – zu entsprechen. Die Bundesregierung hat sich zudem selbst das Ziel gesteckt, die Treibhausgasemissionen im Vergleich zu 1990 bis 2030 um 65 Prozent zu drücken. Das Umweltbundesamt hat kürzlich bescheinigt, dass dies ohne zusätzliche Maßnahmen nicht zu schaffen ist. Weitere Kritikpunkte im CAT: Die Regierung habe es nicht geschafft, sich auf ein Verbot von neuen Heizungen zu einigen, die mit fossilen Brennstoffen betrieben werden. Unter anderem würden zudem Kapazitäten zum Import von verflüssigtem Erdgas (LNG) geschaffen, die größer seien als benötigt. „Die Koalition muss angesichts der nahenden Klimakatastrophe an einem Strang ziehen, wissenschaftlichen Erkenntnissen folgen und in den Notfallmodus schalten, anstatt sich in Parteipolitik zu verfangen“, fordert Niklas Höhne vom NewClimate Institute.
Allerdings sieht es unter dem Strich in anderen Ländern nicht viel besser aus. Die Klimapolitik und deren Finanzierung aller EU-Staaten, der USA und Japan werden ebenfalls mit „ungenügend“ bewertet. Die aufstrebenden Volkswirtschaften China und Indien fallen in die Kategorie „völlig unzureichend“.
Wie all dies mit wirtschaftlichen Perspektiven zusammenhängt, hat die Denkfabrik Strategic Perspektives analysiert und dabei die EU, die USA, China, Japan und Indien in puncto Umbau in Richtung Reduktion der Treibhausgasemissionen miteinander verglichen. Direktor Neil Makaroff betont: „Länder, die den Zug der Netto-Null-Umstellung verpassen, werden wahrscheinlich in der industriellen Entwicklung zurückbleiben und weiterhin stark von teurem Gas, Öl und Kohle abhängig sein.“
China liegt in fünf von acht Kategorien vorne, obwohl das Land weiterhin massiv in fossile Energien investiert. Gleichzeitig verzeichne die Volksrepublik aber große Fortschritte bei der Herstellung von Fotovoltaikanlagen, Windturbinen und Lithiumzellen für Autobatterien sowie bei der Schaffung von Arbeitsplätzen in klimafreundlichen Sektoren. „Das Land strebt danach, einen großen Teil des wachsenden Netto-Null-Energiemarktes zu erobern und die Kontrolle über die Technologie- und Komponentenlieferketten für den Rest der Welt zu erlangen“, schreiben die Autoren. Die USA zeigten große Stärke bei Innovationen durch enorme Investitionen in Forschung und Entwicklung. Ähnlich wird die Position von Japan eingeschätzt. Auch Indien demonstriere große Ambitionen, um sich in die globale Netto-Null-Lieferkette einzugliedern.
Und die EU? Sie dekarbonisiere ihre Wirtschaft rasch, sie habe im Jahr 2022 beim Strommix mit 22 Prozent den vergleichsweise höchsten Anteil an Wind- und Sonnenenergie im Strommix.
Deutschland ist hier einer der Vorreiter: In diesem Jahr kommen bislang sogar 52 Prozent der elektrischen Energie aus erneuerbaren Quellen. Und auch der CAT lobt, dass die Bundesregierung Hindernisse beim Ausbau der regenerativen Energieerzeuger beseitigt habe.