Es soll wie ein Durchstarten wirken: OpenAI, der Macher von ChatGPT, will in den nächsten zwölf Monaten den Umsatz über die Marke von einer Milliarde Dollar hieven. Gelingen soll das mit einer Bezahlversion des Textprogramms ChatGPT speziell für Unternehmen. Doch hinter dem Plan stehen viele Fragezeichen.
OpenAI hat sich innerhalb weniger Monate einen Kultstatus in der Hightechbranche erarbeitet. Im November vergangenen Jahres erst wurde das sogenannte generative Sprachmodell den Onlinenutzern in aller Welt kostenlos zugänglich gemacht. Der Chatbot, der mit künstlicher Intelligenz (KI) arbeitet, beantwortet minutenschnell schriftliche Anfragen.
Das Unternehmen wird vom IT-Konzern Microsoft unterstützt, der OpenAI 10 Milliarden Dollar zur Verfügung stellt. Insgesamt beläuft sich der Wert des Start-ups auf rund 27 Milliarden Dollar – das ist eine Größenordnung, die immerhin dem Nivea-Konzern Beiersdorf oder dem weltweit größten Nutzfahrzeughersteller Daimler Trucks entspricht.
Dabei hat OpenAI im vorigen Jahr gerade einmal Einnahmen von 28 Millionen Dollar eingefahren. Der Finanzdienst Bloomberg berichtet nun, das Unternehmen komme bereits monatlich auf Einnahmen von etwa 80 Millionen Dollar. Mit der angestrebten Milliarde im Jahr würden also die Einnahmen binnen kürzester Zeit um das 35-fache explodieren.
Eine Bezahlversion wurde inzwischen eingeführt. Zu den 1,7 Milliarden Nutzenden sollen bereits Hunderte große Konzerne gehören. Der nächste logische Schritt ist die erweiterte Version für Firmen, die gerade vorgestellt wurde. Aber Brad Lightcap, Chef des operativen Geschäfts von OpenAI, wollte keine genauen Preise nennen. Diese variierten, basierend auf den speziellen Bedürfnissen der Unternehmen, sagte er lediglich.
Das Firmen-ChatGPT soll vor allem mehr Datenschutz und -sicherheit gewährleisten. Das ständige Trainieren des Algorithmus ist das A und O bei künstlicher Intelligenz. OpenAI wertet dafür bisher die Anfragen der Nutzer aus. Diese können zwar die Nutzung der Daten für diese Zwecke ablehnen, allerdings filtert dann die Software noch immer personenbezogene Daten heraus. Viele große Unternehmen haben deshalb ihren Beschäftigten die Nutzung von ChatGPT am Arbeitsplatz untersagt. Die Manager befürchten, dass via Chatbot Betriebsgeheimnisse in falsche Hände geraten könnten. Diesen Vorbehalten will OpenAI nun entgegentreten: Es wird versichert, dass Anfragen oder Daten von Firmenkunden nicht zum Training der KI verwendet würden. Außerdem würden die Chats verschlüsselt.
Ein anderes Thema, das Unternehmen verunsichert, sind die inzwischen vielfach dokumentieren Falschinformationen und erfundenen Aussagen, die ChatGPT in die Welt gesetzt hat. Lightcap betonte, diese Probleme seien mit der jüngsten Version ChatGPT 4, die seit März online ist, weitgehend behoben. „Wir wollen das Modell mit der höchsten Qualität, das beste Modell, liefern“, sagte der Manager.
Ob dieses Versprechen eingehalten werden kann, ist allerdings fraglich. Tests von Forschenden der Universitäten von Stanford und Berkeley haben ergeben, dass sich die Qualität der Antworten von ChatGPT deutlich verschlechtert hat. So wurde bei mathematischen Aufgaben zur Bestimmung von Primzahlen nur noch eine Genauigkeit von 2,4 Prozent erreicht. Gerade mal 10 Prozent der automatisch erzeugten Computerprogramme waren direkt ausführbar, mehr als 50 Prozent waren es zuvor.
Die Wissenschaftler vermuten, dass Verbesserungen, die zum Beispiel rassistische Aussagen oder das Verbreiten von Verschwörungstheorien verhindern sollen, die Leistung der KI beeinträchtigen und damit kontraproduktiv wirken. Zudem: Inzwischen ist die Konkurrenz für ChatGPT groß. So hat Google mitgeteilt, dass die Cloudsparte des Konzerns mittlerweile mehr als 100 leistungsstarke generative Sprachmodelle anbietet, unter denen Firmenkunden frei wählen können.
Dass OpenAI in die Monetarisierung ihres KI-Produkts einsteigt, hat offenbar auch mit der finanziell prekären Lage des Unternehmens zu tun. Firmenchef Sam Altman hatte bereits Ende vorigen Jahres die hohen Betriebskosten beklagt. Die künstliche Intelligenz verlangt immense Rechenleistung. Die Aufwendungen sollen 700 000 Dollar pro Tag betragen.