„Zur Prüfung und Verbesserung der Qualität würden wir gerne Ihre Gesichtszüge und Äußerungen beim Lesen der Kolumne aufzeichnen. Wenn Sie damit nicht einverstanden sind, sagen Sie ‚Nein‘, ansonsten lesen Sie einfach weiter!“ Sie runzeln gerade die Stirn! Und ich sehe kein Lächeln, sondern eine kleine Irritation! Unheimlich, wenn ich Ihre Reaktionen beim Lesen meiner Kolumne in Echtzeit mitbekäme, oder? Sie kennen das aber schon. Wenn Sie bei einer großen Firma anrufen, in einem Callcenter landen und dort vorab die Ansage hören, dass Ihr Anruf zur Verbesserung der Servicequalität aufgezeichnet werden könnte. Was ich bislang nicht wusste, ist, dass die Anrufe bei einigen Firmen von einer KI-Software, also mittels einer künstlichen Intelligenz, in Echtzeit analysiert werden. Mittels sagenhafter 6000 verschiedener Parameter versucht das Programm herauszufinden, ob Sie wütend oder freundlich sind. Ebenso werden die Mitarbeiter analysiert. Es ist schon ein bisschen gruselig. Und ich bin mir nicht sicher, ob mein Computer, auf dem ich diese Zeilen schreibe, nicht plötzlich ein Überlegenheitsgefühl mir gegenüber entwickelt, weil er rauslesen kann, wie bedenklich ich das alles finde. Wenn ich überlege, wie oft man sehr lange in einer Warteschleife hängt, ist man doch meist genervt. Und genervte Kunden können noch so freundlich sein, tief im Innern sind sie meist wütend. Braucht man eine KI, um das herauszufinden? Wie wäre es, wenn die KI stattdessen die Wartezeit vorausberechnet und angepasste Kurzgeschichten einspielt? Oder Witze? Blöd wäre allerdings, wenn jemand dann den Anruf zu früh annähme und in die Pointe reingrätschte: „Treffen sich eine Giraffe und ein Hase. Sagt die Giraffe: Guten Tag, mein Name ist Ole Müller, was kann ich für Sie tun?“Matthias Brodowy