Die Fußstapfen vom exzentrischen Jaques Brel und der begnadeten Edith Piaf sind groß. So ganz vermochte die witzige Aktrice sie nicht zu füllen. Gehandicapt durch eine Erkältung, sang, tanzte und schauspielerte sich die 58-Jährige durch einen knapp zweistündigen Abend voll französischem Flair. Sie versuchte alles, um ihre Stimme geschmeidig zu halten. Mit viel Wasser und Zurückhaltung beim Singen absolvierte sie ihr Programm. Witzige Tanzeinlagen und kleine Anekdoten zur Entstehung der Lieder sowie Erzählungen aus Brels Leben rundeten den Auftritt ab.
So kam das Publikum zwar in den Genuss eines sehr schönen Liederabends, allerdings fehlte der Glanz. Auch, dass Jean-Marc, ebenfalls gelernter Tänzer und Ehemann der Künstlerin, fix und scheinbar spontan auf der Bühne erschien, um mit ihr wild zu tanzen, passte zum Programm. Wer sich auf einen opulenten Piaf-Abend gefreut hatte, war wohl ein bisschen enttäuscht. Alle anderen hatten einen vergnüglichen Abend mit viel französischem Charme, netten Anekdoten und vor allem einem großartigen Instrumentalisten: Hartmut Valenske am Akkordeon und Piano war wunderbar anzuhören. Er hatte den Raum, auch Soli zu spielen, half der Künstlerin über stimmliche Schwankungen hinweg und gab dem Ganzen Glamour.
Ob gespielt oder nicht – die kleinen Unstimmigkeiten zwischen den beiden Akteuren, wer wann anfängt oder noch etwas sagt, gaben dem Abend sehr viel Charme. „Halt warte, es kommt noch Text“, fuhr etwa Philips-Lebon in die Akkordeon-Parade und Valenske spielte extra aufmüpfig und listig lächelnd zwei drei Töne mehr. Das große künstlerische Plus von Philips-Lebon ist – ob stimmlich angeschlagen oder nicht – ihre fantastische Bühnenpräsenz. So ist die ehemalige Tänzerin auch ausgebildete Sängerin und Schauspielerin und weiß sehr genau, sich in Szene zu setzen. Ob spontaner Tanz mit einem Spagat als Abschluss, ob Körpereinsatz beim Singen oder auch das Spiel mit dem Publikum – sie beherrscht das gesamte Repertoire der Unterhaltung.
So gesehen war vor allem der zweite Teil des Konzerts, als sie ihre Zurückhaltung etwas aufgab, sehr gelungen und bekam entsprechend viel Beifall. Immer wieder blitzte ihr gesangliches Können, wie etwa bei „Madeleine“ durch. Noch besser ist die schon lange in Berlin lebende Künstlerin allerdings bei eigenen Liedern. Das von ihr geschriebene Lied „Le Spatz“, ganz in französischer Chanson-Tradition vertont, passt wunderbar zu der kleinen drahtigen Sängerin und bekam viel Applaus. Auch die Geschichte dahinter, über die Ähnlichkeit der Spatzen und Touristen in Berlin, entzückte.
Bei Piafs „Padam padam“, entstanden aus ihrer Liebe zu einem Radrennfahrer und die Intensität des verliebten Herzschlags nachahmend, sang die Belgierin nicht zurückhaltend, sondern voller Inbrunst und lieferte überzeugend eine ganz eigene Interpretation des bekannten Liedes. Den vorläufigen Abschluss des Abends bildete die Piaf-Hymne „Milord“. Hier gab sie alle Zurückhaltung auf, versuchte nicht mehr, ihre Stimme zu schonen, und auf einmal zeigte sich, wie eine Philips-Lebon in Hochform klingt: fantastisch nämlich. Dass sie sich dann auch noch am weltberühmten und oft gehörten Klassiker „Non, je ne regrette rien“ von Edith Piaf trotz versagender Stimme versuchte, ist ihr hoch anzurechnen. Die so entstandene ganz eigene Interpretation des schwierig zu singenden Stückes gefiel. Mit viel Beifall und einigen Bravo-Rufen bedankte sich das Publikum für einen etwas anderen Chansons-Abend.