Dabei machten die sechs Schauspielerinnen und Schauspieler und zwei Musiker aus dem Reiseklassiker in einer Version nach Soeren Voima einen rasanten Wettlauf gegen die Zeit, der auch heute hochaktuell ist. Es geht um zentrale Fragen an unsere moderne Existenz, schlicht um das Streben nach Erfolg. Auf einer Bühne, die nicht etwa in der Ausstattung an Etappen der Original-Reise durch Frankreich, Asien, Japan oder Europa erinnert. Sondern eher an eine Varieté- oder Zirkus-Manege mit einem meterhohen Karussell und einem Schiffsmast. Requisiten, an denen das Ensemble artistische Glanzleistungen darbot, die viele Zuschauer zum Staunen brachten.
Und es gab ein metergroßes Bild einer Erdkugel im Hintergrund mit einem Turngerüst, an dem die herausragende Artistin Lisa Härtl mit ihren Armen als menschliche Uhrzeiger immer wieder die Zeit darstellte.
Die läuft rasant in diesem Spektakel, in dem nicht Phileas Fogg, sondern die Dame Philea Fogg (Anja Neukamm) gemeinsam mit dem Diener Passepartout auf die Abenteuerreise geht, die gespickt ist mit vielen zeitlosen Lebensweisheiten wie: „Die ganze Welt ist ein Zirkus.“ Auch der Humor bleibt dabei nicht auf der Strecke: „Manchmal fühle ich mich wie ein Stück Zucker in einem See aus Earl Grey Tee“, stellt Passepartout (ebenfalls herausragend: Yannick Zürcher) genervt fest.
Der Grund seiner Verzweiflung, wir erinnern uns an die Geschichte: Der wagemutige Londoner Gentlemen Phileas Fogg wettet mit den Mitgliedern seines Reformclubs um 20.000 Pfund, er schaffe es in nur 80 Tagen um die Welt zu reisen. Ein gewagtes Unterfangen – doch Fogg ist sich sicher: Mit den neuen technischen Errungenschaften wie Eisenbahn und Dampfschiff könnte es klappen. Gemeinsam mit seinem arg gebeutelten Diener Passepartout geht er noch am selben Abend auf die Reise. Immer verfolgt von Inspektor Fix, der die beiden um jeden Preis zu stoppen versucht. Schließlich meint Fix, dass Fogg kurz zuvor eine Bank überfallen hat.
Wer nun in diesem Schauspiel-Spektakel eine klassische Erzählweise in den Festsälen erwartet hatte, der wurde enttäuscht. Denn die sechs Darstellerinnen und Darsteller und zwei Musiker machten die Handlung durch witzige Dialoge und Slapstik-Szenen, spannende Verfolgungsjagden und vor allem akrobatische Einlagen abwechslungsreich und sehr unterhaltsam. Dazu kam Live-Musik mit Akkordeon und Schlaginstrumenten. Zwar wurde in der Pause bei einigen Zuschauern leichtes Stirnrunzeln deutlich und durchaus kritische Stimmen laut: „So etwas hätte ich nicht erwartet.“ Aber nach der Vorstellung brachten es einige Gäste so auf den Punkt. „Muss man sich erstmal reindenken.“ Außerdem ging es bei der Aufführung nicht nur um den Roman an sich, sondern auch in besonderer Weise um die Zuschauer, die schon von Anfang an mittendrin im Spiel steckten. Denn immer wieder waren die Mitglieder des Ensembles zwischen Stuhlreihen unterwegs, warfen sich von den Seiten Dialoge zu und liefen atemlos durch das Theater.
Was das Tempo der Reise von Jules Verne mit Schiff und Eisenbahn betrifft, das dürfte nun angesichts moderner technischer Errungenschaften heutzutage nur ein müdes Lächeln hervorrufen – ein moderner Flieger schafft es einmal rund um den Globus in weniger als 50 Stunden. Aber das, was das Ensemble Persona mit dem Scharoun-Theater in den leider nur mit knapp 300 Gästen besetzten Peiner Festsälen boten, hatte Tempo ganz anderer Art. Nämlich in Form einer tiefsinnigen, poetischen, humorvollen und akrobatischen Erdumrundung von Darstellern und Musikern, die mit viel Begeisterung und Einsatz bei der Sache waren. Gewagt – muss nicht jedem gefallen. Aber gelungen, was der tüchtige Beifall der Zuschauer bewies.