Immer häufiger werden Parkplätze an private Unternehmen verpachtet. Die Firma Parkdepot aus München betreibt zum Beispiel den Parkplatz am Edeka-Center im Peiner Lindenquartier. Auf den Parkplätzen verwendet man eine sogenannte „videobasierte Kennzeichenerkennung“. Es handelt sich dabei um eine Videokamera, die in der Nähe der Einfahrt und Ausfahrt angebracht ist. „Es findet keine kontinuierliche Videoüberwachung statt, sondern es wird lediglich das Kennzeichen als Standbild per Kamera erfasst“, sagt Parkdepot-Sprecherin Sandra Kunze. Bei dem Vorgang wird nur der Bildausschnitt des Kennzeichens benutzt. „Alle Bereiche, die nicht zur Erkennung des Kennzeichens benötigt werden, wie zum Beispiel der Frontscheibe oder die Umgebung des Fahrzeuges, werden automatisch unkenntlich gemacht“, so Kunze. Die Datenschutzverordnung und Vertragsbedingungen für die Nutzung des Parkplatzes sind in der Nähe der Einfahrt angebracht. Auf blauem Hintergrund sind alle Informationen in kleiner weißer Schrift auf einem Schild aufgelistet.
Früher waren beim Falschparken zwei Parteien involviert: Der Fahrzeughalter und das Ordnungsamt. Wird auf einem Privatparkplatz der Aufenthalt nicht bezahlt oder die Parkdauer überschritten, meldet sich der Betreiber zuerst beim Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) in Flensburg: „Die gespeicherten Fahrzeugdaten und Halterdaten sind zu übermitteln, wenn unter Angabe des betreffenden Kennzeichens oder Fahrzeug-Identifizierungsnummer dargelegt wird, dass die Daten zur Verfolgung von Verstößen benötigt wird“, sagt KBA-Pressesprecher Stephan Immen. Das Kraftfahrt-Bundesamt müsse der Datenabfrage dann nachkommen.
Die Ausgabe der Daten sei dabei zulässig, wie Immen weiter ausführt: „Eine Ermessensausübung des KBA ist ausgeschlossen. Sofern die Voraussetzungen für eine Auskunftserteilung erfüllt sind, müssen die entsprechenden Fahrzeugdaten übermittelt werden“. In den Datenschutz-Richtlinien im Internet weist das Unternehmen Parkdepot unter Punkt 15 auf die Speicherung der Daten hin: „Wir speichern Ihre personenbezogenen Daten nur so lange, wie dies zur Erreichung des jeweiligen Zwecks erforderlich ist oder wie es die vom Gesetzgeber vorgesehenen Speicherfristen vorsehen.“ Auf dem Parkplatz im Peiner Lindenquartier würden die Daten bei keinem Verstoß höchstens zwei Tage gespeichert. „Regelkonforme Parkvorgänge werden nach maximal 48 Stunden gelöscht“, sagt eine Unternehmenssprecherin von Edeka.
Die Erfahrung, dass es kein simples Knöllchen mehr gibt, machte auch Carl Hoppenworth. Der Lehrter war im neuen Supermarkt in der Peiner Innenstadt einkaufen. Geparkt hatte er dort nicht, allerdings fielen ihm die Hinweisschilder auf: „Ich hatte einen ähnlichen Vorfall zuletzt in einem Hotel in Frankfurt am Main. Da kam die Überraschung auch hinterher zu Hause an“. Zuletzt ärgerte sich Rüdiger Pakalski über eine Rechnung. Der Oberger Rollstuhlfahrer erhielt von der Firma Parkdepot einen Bußgeldbescheid über 25 Euro. Diese Geschichte war auch Hoppenworth bekannt: „In diesem Zusammenhang fragte ich mich, ähnlich wie Herr Pakalski, wie die Firma an meine Daten gekommen ist. Sonst wird doch der Datenschutz in Deutschland so groß geschrieben.“
Die ansässigen Geschäfte haben mit der Verpachtung der Parkplätze die Idee, die Parkmöglichkeiten den Besuchern zur Verfügung zu stellen. Das Fremdparken soll damit vermieden werden. Der Parkplatz der Volksbank-Brawo am Peiner Windmühlenwall nutzt hingegen kein digitales Parksystem. Zum Einsatz kommt hier die klassische Parkscheibe. Der zeitliche Aufenthalt der Kundinnen und Kunden wird von der Firma „fair parken“ aus Düsseldorf kontrolliert. „Die Nutzung des Parkplatzes ist für unsere Kundinnen und Kunden bestimmt. Seitdem wir das System eingeführt haben, finden sie eine ausreichend hohe Anzahl an Parkmöglichkeiten“, sagt Volksbank-Brawo-Pressesprecher Daniel Dormeyer. Die Ausgabe der Daten funktioniere auf gleiche Weise, wie beim Einsatz des Videomaterials.
Eine fehlerhafte Erkennung können und wollen beide Parkplatzfirmen nicht ausschließen. Sowohl „fair parken“ als auch Parkdepot weisen darauf hin, dass es beispielsweise bei möglicher Beschmutzung das Kennzeichen nicht erkannt werden könne. „Da aufgrund der fehlenden Ausfahrt kein vollständiger Parkvorgang erfasst wird, kommt es in diesem Fall auch zu keiner Ahndung eines Parkverstoßes“, sagt Sabine Klaas, Sprecherin der von „fair parken“ beauftragten Presseagentur. Und auch Parkdepot äußert sich: „In diesen Situationen versenden wir keine Forderungen nach einer Vertragsstrafe“, so Sandra Kunze.
Es bleibt der Beigeschmack, dass die privaten Parkplatzfirmen leicht an sensible Daten kommen. Weil das Kennzeichen nur bei der Einfahrt und Ausfahrt aufgenommen wird, errechnet man die Parkdauer unabhängig vom Parkplatz automatisch. Es gibt damit zum Beispiel keine Unterscheidung zu der Parkdauer auf einem Behindertenparkplatz. Rollstuhlfahrer Rüdiger Pakalski musste erst nachweisen, wieso er seinen Aufenthalt im Edeka-Center zeitlich überzogen hatte. Die Gründe waren legitim, beispielsweise klemmte die Tür der Edeka-Behindertentoilette. Im Fall einer falschen Bußgeldforderung muss sich jeder Betroffene mit der jeweiligen Betreiberfirma des Parkplatzes auseinandersetzen. Das Kraftfahrt-Bundesamt hält sich aus dem Verfahren heraus: „Ob die Rechtsansprüche berechtigt oder unberechtigt sind, kann erst das Verfahren zwischen dem Unternehmen als Bevollmächtigte und dem Fahrzeughalter ergeben. Dem Kraftfahrt-Bundesamt ist es nicht gestattet, in dieses Verfahren einzugreifen“, betont Stephan Immen.In den Parkvorgang sind auch keine örtlichen Beamten des Peiner Ordnungsamtes involviert. Bei einem Strafzettel wird das fällige Bußgeld an die Behörde gezahlt. Wer erhält jetzt das Geld? Die Datenabfrage ist zwar erlaubt, wer das Geld bekommt, bleibt unklar. „Die Vergütungsstruktur unterliegt der Geheimhaltung“, gibt die Firma Parkdepot in einem kurzen Statement auf Nachfrage unserer Zeitung.