Eine Dankeschönfeier wollen sie machen, sagen beide. Gemeinsam mit der Kundschaft. Denn die habe schließlich für diese große Auszeichnung für den kleinen Dorfbäcker gesorgt. Tagelang haben Kundinnen und Kunden so fleißig ihre Stimme für „Hennes Backhaus“ abgegeben, als hänge davon die Zukunft der Brötchenversorgung im Dorf ab.
Aber von vorn: Schon seit einigen Jahren bittet das Feinschmecker-Magazin Falstaff (Untertitel: „Das Medium für Genuss, Wein und Reisen“) regelmäßig zu einer Online-Abstimmung über die beliebtesten Bäckerläden Deutschlands. Pro Bundesland gibt es ein Voting. Keine Fachjury gibt dabei seine Expertise ab, allein die Mobilisierung der Kundschaft entscheidet. Und dabei ist die Bäckerei von Hilke und Hendrik Thiele mit dem Wert von 38 Prozent der abgegebenen Stimmen jetzt die Nummer eins in Niedersachsen geworden.
„Wir haben diese Abstimmung schon in den vergangenen Jahren immer wieder beobachtet“, sagt der Bäckermeister. Aber zu dem kleinen Kreis der zehn pro Bundesland zur Wahl stehenden Bäckereien habe man nie gehört. Dafür sei eine Vorabstimmung maßgeblich, die sie dieses Mal gar nicht beobachtet hätten. „Und dann haben wir rein zufällig mitbekommen, dass wir zur Wahl stehen“, erzählt die 35-jährige Hilke Thiele.
Was danach folgte, war eine tagelange Befeuerung des Votings. Das junge Ehepaar machte Werbung in sozialen Netzwerken, über Messenger-Dienste, per Videos, Zetteln und Aushängen samt QR-Code zur Falstaff-Internetseite. Das fruchtete. Und wie! Die Kundschaft votete für „Hennes Backhaus“, als gäbe es kein morgen. Zehn Tage lang lief die Abstimmung, nach jeweils 24 Stunden konnte ein erneutes Voting abgegeben werden. „Viele haben sich sogar den Wecker gestellt, damit sie das tägliche Abstimmen für uns nicht vergessen“, sagt der 37-Jährige und lacht.
Zwischenstände erfuhr das Bäckerpaar aus Steinwedel nicht, auch die absolute Stimmenzahl am Schluss ist ihnen nicht genannt worden. „Wir wussten eigentlich gar nichts, bis plötzlich das Ergebnis auf der Internetseite stand“, sagt Hilke Thiele. Danach war der Jubel groß: „Wir stecken in unsere Firma so viel Mühe, Arbeit und Liebe. Diese Auszeichnung ist eine riesige Anerkennung für uns und unser Team“.
Hendrik Thiele hebt noch einen anderen Aspekt hervor. Sein Backhaus, das nur eine handvoll Verkaufsstellen hat, habe sich „gegen die Großen“ durchgesetzt, sagt er. Gegen Großbäckereien mit enormem Werbeetat und eigener PR-Abteilung.
Hendrik Thiele kommt aus einer Bäckerfamilie, ist in Steinwedel, Aligse, Röddensen und Kolshorn bekannt. Zwischenzeitlich saß er sogar für die CDU im Aligser Ortsrat. Seit 1863 gingen seine Vorfahren in Röddensen dem Beruf des Bäckers nach. Die Eltern des Bäckereimeisters betreiben dort noch eine Bio-Backstube und beliefern Märkte. Er selbst hat sich den Traum vom eigenen Laden im November 2015 erfüllt. Damals übernahm Thiele eine Verkaufsstelle samt Backhaus in Mehrum im Landkreis Peine. Das Geschäft im Heimatort seiner Frau Hilke in Steinwedel richtete er 2018 ein.
Mittlerweile beliefert „Hennes Backhaus“ auch die Dorfläden in Bierbergen und Müllingen sowie eine Schlachterei in Sehnde. Mehr Läden wolle man gar nicht aufmachen, sagt das Betreiberpaar. Die Backstube in Mehrum sei ausgelastet, mittlerweile habe man 23 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Das Geschäft funktioniere, man sei zufrieden. Und sogar ihre viereinhalb und drei Jahre alten Kinder wüchsen mit der Bäckerei auf.
Einfach war das Geschäft nicht immer. 2022 war hart. Als die Preise für Rohstoffe nach dem Beginn des Krieges in der Ukraine stiegen, habe man sich große Sorgen um den kleinen Bäckereibetrieb gemacht, sagt Hendrik Thiele. Aber diese Zeit sei nun hoffentlich überstanden. Und die Kundschaft halte fest zu „Hennes Backhaus“, wie das Falstaff-Voting bewiesen habe.
Und was kauft diese bei „Henne“ am liebsten? „Streuselkuchen und unser Gersterbrot sind sehr beliebt“, sagt Hilke Thiele. „Aber eigentlich gibt es nichts, was irgendwie hinten runterfällt.“
Von Falstaff bekommt „Hennes Backhaus“ nun eine Urkunde mit dem Schriftzug „Niedersachsens beliebteste Bäckerei 2023“. Ein Preisgeld gibt es nicht. Aber das sei auch nicht so wichtig, meinen die Thieles. Viel wichtiger sei eine Feier zum Dank an die Unterstützerinnen und Unterstützer.
Und noch ein Aspekt am Rand: Niedersachsens Platz zwei beim Falstaff-Voting mit 28 Prozent der Stimmen ging an die Landbäckerei von Dominik Scholz in Rinteln-Deckbergen. „Mit Dominik habe ich vor zehn Jahren in der Meisterschule nebeneinander gesessen, wir sind Freunde“, sagt Hendrik Thiele.