Auch Michael Kramer, verkehrspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion im Regionalverband Großraum Braunschweig (RGB), war auf den ersten Blick erschrocken: „In der Streckenauflistung mit ,grünem Licht’ war unser Spargelexpress nicht dabei.“ Das Ministerium hatte 14 von insgesamt 54 Strecken genannt, die es in die zweite Prüfstufe des Verfahrens geschafft haben – Braunschweig-Harvesse ist nicht darunter.
Das hat einen guten Grund, erklärt Florian Mosig, Pressesprecher des niedersächsischen Wirtschaftsministeriums: „Die Prüfstufe des Verfahrens war bei dieser Strecke schon vor etwa einem halben Jahr erreicht.“ Die Strecke Braunschweig-Harvesse sei schon etwas weiter in der Planung, und es solle „zügig weiter geplant“ werden, um dann die Voraussetzungen für eine Bundesförderung zu erfüllen. Allerdings werden alle Strecken ergebnisoffen geprüft.
„Ich freue mich, dass der Spargelexpress nicht vergessen ist, dauerhaft beachtet wird, in der engeren Auswahl ist und eine weitere Hürde genommen hat“, so Kramer. „Dies ist nicht zuletzt auf das unermüdliche Engagement der Initiative Pro-Zug-kunft zurückzuführen, aber auch mein dauerhafter Einsatz im Verkehrsausschuss und über die RGB-Verwaltung hat in Hannover wohl etwas bewirkt.“
Doch er wisse auch, dass es noch ein langwieriger Planungsprozess bis zum definitiven Baubeginn und einer Inbetriebnahme sei: „Ich wünsche der Bürgerinitiative weiter Geduld und Durchhaltevermögen, denn auch ich gebe die Hoffnung nicht auf, doch noch eine Fahrt mit dem Spargelexpress zu machen.“
Wirtschaftsminister Olaf Lies hatte erklärt, dass nun ein wichtiger Meilenstein des neuen Reaktivierungsprogramms für Niedersachsen erreicht sei: „Von den betrachteten Strecken wollen wir am Ende so viele wie möglich für den Personenverkehr wieder in Betrieb nehmen. Entscheidend wird dabei am Ende sein, dass wir die erforderlichen Fördermittel vom Bund erhalten und auch die langfristige Finanzierung des Betriebes der Strecken gesichert ist.“
Lies betonte, dass die Reaktivierung ein wichtiges Element der Mobilitätswende sei, dieses sich aber in ein zukunftsfähiges Gesamtsystem der Mobilität einfügen müsse. „Wir wollen, wo immer es geht, die Schiene als nachhaltigen Verkehrsträger voranbringen. Dies gilt vor allem für den ländlichen Raum. Wichtig ist, dass wir eine ganzeinheitliche Mobilitätsstrategie verfolgen. Deshalb bündeln wir unsere Planungen gerade in einem Mobilitätskonzept 2040.“
Die für Phase 2 ausgewählten Streckenabschnitte haben aus Sicht des Lenkungskreises aktuell bereits eine hohe Wahrscheinlichkeit, die Anforderungen für eine Finanzierung nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) zu erreichen. „Das Streckenpotenzial ist enorm groß in Niedersachsen. Wir verstehen den aktuellen Prozess als dynamisches Verfahren. Wir behalten alle Strecken im Blick, müssen dabei aber realistisch bleiben“, so Lies.
Neben der Strecke Braunschweig > Harvesse sind folgende Strecken ebenfalls bereits weiter in der Planung: Hamburg-Harburg > Buchholz/Nordheide; Salzgitter-Lebenstedt > Salzgitter-Lichtenberg; Neuenhaus > Coevorden/Niederlande; Helmstedt > Schöningen; Bremervörde > Stade und Lüneburg > Soltau.
Darüber hinaus hat der Lenkungskreis für folgende 14 Strecken „grünes Licht“ gegeben: Aurich > Abelitz; Nordenham-Blexen > Nordenham; Rheine > Spelle; Lengerich > Versmold; Bad Bederkesa > Bremerhaven-Speckenbüttel; Bremerhaven > Langen; Rotenburg > Bremervörde; Lüneburg > Bleckede; Celle > Soltau; Celle > Bergen; Celle > Beckedorf (> Munster); Celle > Lachendorf; Rinteln > Stadthagen; Bodenwerder > Emmerthal (> Hameln).
Zum Hintergrund: Bei dem Reaktivierungsprogramm werden landesweit Vorhaben auf Wiederinbetriebnahme für den Schienenpersonennahverkehr geprüft. Durchgeführt wird die Reaktivierungsuntersuchung durch die Landesnahverkehrsgesellschaft Niedersachsen. Das Untersuchungskonzept sieht ein vierstufiges Verfahren vor: Auf Stufe 1 findet zunächst aufgrund der früheren Untersuchung sowie eines Ideenaufrufs eine Vorauswahl der Strecken statt. An diese schließt sich auf Stufe 2 eine Nutzwertanalyse an. Auf Stufe 3 werden für die vorliegenden Strecken die langfristig anfallenden Betriebskosten ermittelt. Für die aussichtsreichsten Strecken wird auf Stufe 4 schließlich in die konkrete Planung eingestiegen und der Förderantrag nach dem GVFG vorbereitet.