Es ist eine Branche, die weniger vom Spaß lebt, sondern vielmehr von der Sucht ihrer Kundinnen und Kunden: 4,6 Millionen Erwachsene in Deutschland sind Experten zufolge spielsüchtig oder zeigen erste Symptome dafür. Das geht aus dem kürzlich vom Bundesdrogenbeauftragten Burkhard Blienert (SPD) erstmals vorgelegten „Glücksspielatlas 2023“ hervor. Demnach leiden rund 1,3 Millionen Menschen an einer sogenannten Glücksspielstörung, weitere 3,3 Millionen Personen zeigen ein riskantes Glücksspielverhalten mit ersten Anzeichen für eine Sucht – etwa entzugsähnliche Erscheinungen, wenn nicht gespielt wird oder die Rückkehr zum Glücksspielen am nächsten Tag, um Verluste auszugleichen. Insgesamt wurden 2021 in der Branche von den Spielenden insgesamt 13,4 Milliarden Euro verzockt – technisch gesehen handelt es sich um die Spieleinsätze abzüglich der Gewinnauszahlungen.
Am meisten klingelt die Kasse bei den Anbietern immer noch im Bereich Glücksspielautomaten (4,8 Milliarden Euro), dahinter folgt Lotto (4,1 Milliarden Euro). Ein starker Zuwachs zeichne sich bei Sportwetten seit deren Legalisierung im Herbst 2020 ab (1,4 Milliarden Euro). Der Staat nahm dem Papier zufolge 5,2 Milliarden Euro an Steuern durch legales Glücksspiel ein. „Glücksspiel kann Existenzen ruinieren, Glücksspiel kann Familien zerstören, Glücksspiel kann in den Selbstmord treiben“, sagte Blienert bei der Vorstellung des Glücksspielatlas, der vom Institut für interdisziplinäre Sucht- und Drogenforschung in Hamburg, der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen in Hamm und dem Bereich Glücksspielforschung an der Universität Bremen herausgegeben wurde. „Glücksspiel macht seine Teilnehmenden selten glücklich“, betonte der SPD-Politiker.
Politik, Polizei, Justiz und Ordnungsbehörden müssten diesem Thema mehr Aufmerksamkeit widmen, verlangte der Drogen- und Suchtbeauftragte der Bundesregierung. Es bestehe in mehreren Bereichen erheblicher Handlungsbedarf. Konkret forderte Blienert erneut, Werbung für Sportwetten vor 23 Uhr zu verbieten. Der Suchtbeauftragte verlangte zudem, konsequent gegen die Verletzung der geltenden Gesetze zur Regulierung des Automatenspiels vorzugehen. Mittlerweile sei jeder dritte in Deutschland aufgestellte Geldspielautomat illegal, betonte Blienert. Als dritten Bereich mit Handlungsbedarf nannte der SPD-Politiker sogenannte Lootboxen in Onlinecomputerspielen. Das sind gegen Geld erwerbbare Überraschungskisten, die wichtige Ausrüstungsgegenstände für das Spiel enthalten können, aber auch nutzlose Dinge.