„Das Abenteuer Paraguay beginnt für mich schon fast ein Jahr vor der Ausreise. Denn als die Entscheidung gefallen ist, dass ich nach Abschluss meines Studiums ins Ausland gehen möchte, gilt es zuerst ein geeignetes Programm zu finden. Als angehende Lehrerin mit Zusatzqualifikation für Deutsch als Zweitsprache fällt meine Wahl auf das Angebot deutschlehren.international vom Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD), das sich explizit an Uniabsolventen richtet.
Also starte ich den Bewerbungsprozess, der gar nicht so ohne ist. Ich habe Erfolg: Nach dem Einreichen vieler Dokumente und Schreiben werde ich für die nächste Runde nach Bonn zum Auswahlgespräch eingeladen. Ein paar Tage später erhalte ich einen Anruf, in dem mir ein Stipendium in Paraguay angeboten wird. Eigentlich hatte ich mich für einen anderen Standort beworben, aber mir ist sofort klar, dass ich fliegen werde, und die konkrete Vorbereitung beginnt.
Ich beantrage viele Unterlagen wie eine internationale Geburtsurkunde und Apostillen, lasse mich impfen, frische mein Spanisch noch etwas auf und buche meinen Flug. Dann geht es endlich los und ich mache mich über Paris und Sao Paulo auf den Weg in mein neues Zuhause in Südamerika. Nach insgesamt 28 Stunden Reisezeit komme ich an und werde am Flughafen schon von einer sehr netten Mitarbeiterin der deutschen Botschaft erwartet, die mich zum Haus einer Kollegin fährt. Dort darf ich die erste Zeit wohnen, bis ich etwas Eigenes gefunden habe.
Den ersten Tag schaffe ich es nur bis zu einem Restaurant und in einen Supermarkt, bevor ich müde vom Jetlag und der Reise einschlafe. Aber die nächsten Tage und Wochen erkunde ich immer mehr von diesem spannenden, neuen Land voller Gegensätze. Ich besuche das alte Stadtzentrum mit den Kolonialhäusern und das neue mit hochmodernen Shoppingmalls. Natürlich probiere ich mich durch die traditionelle Küche des Landes. Und ich mache meinen ersten Einkauf auf den hier so beliebten Märkten und stöbere durch die vielen Stände, die traditionelles Handwerk anbieten. Paraguay ist touristisch kaum erschlossen, weswegen es kaum typische Souvenirs gibt, sondern fast nur Waren, die tatsächlich von den Einheimischen im Alltag genutzt werden.
Auch die Verkehrsmittel sind anders als in Deutschland. Es gibt keine Züge und Bahnen, weswegen sich der Verkehr ausschließlich auf den Straßen abspielt. Die öffentlichen Busse – in der Landessprache werden sie ,colectivos’ genannt – sind meistens schon sehr alt. Außerdem gibt es keine festen Abfahrtszeiten und an den Haltestellen stoppt der Bus nicht immer. Am einfachsten ist es, sich an die Straße zu stellen und zu winken, falls ein Bus vorbeikommt. Beim Einsteigen muss man dann schnell sein, weil der Bus meistens direkt weiterfährt, sobald man einen Fuß ins Innere gesetzt hat. Daher ist für mich jede Busfahrt ein Erlebnis. Wichtig zu wissen ist auch, dass nur einige Colectivos eine Klimaanlage besitzen. Ob das der Fall ist, wird meistens außen am Bus kenntlich gemacht. Die Nutzung dieser Busse ist zwar etwas teurer, da es hier aber häufig mehr als 40 Grad heiß ist, ist es mir das meistens wert.
Was ich nicht wusste: In Paraguay gibt es eine recht große deutsche Minderheit. Daher werden auch deutsche Feste – etwa Oktoberfest – gefeiert und man kann viele Produkte wie Haribo oder Toffifee im Supermarkt kaufen. Im Allgemeinen weicht das Essen aber von dem, was ich aus Deutschland kenne, doch sehr ab. Es wird viel Maniok in den unterschiedlichsten Formen gegessen, auch Mais und Mangold sind weit verbreitet. Beim Fleisch wird vor allem Rind verarbeitet. Und es gibt nicht so viele Soßen, wie man es von der deutschen Hausmannskost kennt. Sehr typisch ist auch der paraguayische Käse, der in vielen Gerichten – wie zum Beispiel in der Spezialität Mbeyu, das sind kleine Kuchen aus Maniok oder Tapiokamehl – enthalten ist.
Besonders verbreitet ist das Getränk tereré, was häufig in Gruppen getrunken wird und deswegen nicht nur zum Durstlöschen, sondern auch zum sozialen Beisammensein genutzt wird. Es besteht aus dem Yerba Mate und wird immer wieder mit kaltem Wasser aufgegossen. Mate kennt man auch aus anderen lateinamerikanischen Ländern, dort wird er jedoch meistens warm getrunken.
Nach ein paar Tagen Eingewöhnung habe ich meinen ersten Arbeitstag. Zuerst erklärt mir meine Kollegin vom DAAD, Gabriela Dyck, die Strukturen der Universität, an der wir arbeiten, und stellt mich vielen Leuten vor. Außerdem darf ich in einigen von ihren Deutschkursen hospitieren, bevor ich selbst anfange, Unterricht zu geben. Gleich zu Beginn lerne ich auch, dass die deutschen Organisationen hier sehr eng zusammenarbeiten und versuchen, sich so viel wie möglich gegenseitig zu helfen. Ich werde direkt mit zu allen Meetings und Veranstaltungen eingeladen und fühle mich sehr willkommen. Das gilt auch für die Paraguayer: Sie sind sehr freundlich und freuen sich immer, wenn ich mit ihnen auf Spanisch reden kann. Wenn ich etwas nicht verstehe, sind sie sehr kreativ darin, mit Händen und Füßen zu kommunizieren, sodass am Ende eigentlich immer klar ist, worum es geht.
Insgesamt macht es großen Spaß, das Land und die Kultur kennenzulernen. Es ist zwar gerade am Anfang auch anstrengend, alles zu verstehen und sich anzupassen, aber ich lerne unglaublich viel Neues und bin schon sehr gespannt darauf, was die nächsten Monate bringen werden.“