Im Schutz der Dunkelheit und im dichten Schneegestöber sollen Autoinsassen am Montagabend einen lebendigen Hund aus ihrem Fahrzeug geworfen haben. Mehrere Menschen wurden auf der Landstraße zwischen Lehrte-Sievershausen und Vöhrum Zeugen des schrecklich herzlosen Vorfalls. Sie beobachteten, wie zwischen 20 und 20.30 Uhr die Beifahrertür geöffnet und ein kleiner Hund regelrecht auf die Straße geworfen wurde. Autofahrer mussten teils scharf ausweichen, um das Tier nicht zu überfahren.
Der Wagen, aus dem der Hund auf die Straße stürzte, sei danach einfach weitergefahren, sagt Margit Reiss von der Hundesicherung Minden-Hannover-Hildesheim. Die Augenzeugen, die hinter dem Auto fuhren, haben ihr von dem Vorfall berichtet. Es spricht also einiges dagegen, dass das Tier versehentlich auf die Straße geraten war.
Wahrscheinlich handelt es sich bei dem gesuchten Hund um einen Jack-Russel-Terrier. Er soll weißes Fell mit braunen Flecken haben. „Wir haben ihn ,Strolch’ genannt“, sagt Reiss. Sollte „Strolch“ gezielt ausgesetzt werden? Ist er verletzt? Und wer sind der oder die Menschen, die das Tier aus dem Auto schmissen? Diese Fragen stehen hinter Fassungslosigkeit, Wut, aber auch Hilfsbereitschaft an. Denn über soziale Medien hat sich die Meldung über den Vorfall seit Montag rasant verbreitet. Und Anwohnerinnen und Anwohner aus Sievershausen, Vöhrum, Röhrse und anderen Dörfern zwischen Lehrte und Peine hoffen, den Hund zu finden – lebend.
Bislang gab es mehrere „Strolch“-Sichtungen in einem größeren Umkreis, sagt Reiss, unter anderem aus Arpke, Oelerse und Vöhrum. Doch in Sicherheit konnte das Tier noch nicht gebracht werden. Und die Zeit läuft gegen den Hund. Denn es ist völlig unklar, ob er möglicherweise alt und/oder verletzt ist. „Ich habe mittlerweile ein schlechtes Bauchgefühl“, sagt Reiss von der Hundesicherung.
Dennoch geht die Suche nach „Strolch“ weiter: Mit ihrem ehrenamtlichen Team und anderen Helferinnen und Helfern hat sie in der Gegend Futterstellen platziert, um das Tier anzulocken. Dort sind Wildkameras angebracht. Kommt der Hund vorbei, wird das aufgezeichnet. So könnten die Hundesicherung auf die Fährte des Hundes kommen. Auch Lebendfallen und Drohnen hat das Team im Arsenal, wie auch Pettrailer – ausgebildete Hunde, die vermisste Tiere aufspüren.
Die Hundesicherung muss sich hauptsächlich um ausgebüxte Tiere kümmern. Meist sind das Hunde, die neue Halter haben und vor Aufregung die Flucht ergreifen. Doch auch ausgesetzte Haustiere beschäftigen die Ehrenamtlichen immer wieder. Meist sind sie alt und krank. „Viele Menschen können die Tierarztkosten nicht mehr bezahlen“, sagt Reiss. Eine mögliche Entschuldigung für die brachiale Tat von Montagabend soll das nicht sein. „So was habe ich in all den Jahren noch nicht erlebt“, sagt sie.
Auch wenn es keine Hinweise auf die unbekannten Autoinsassen gibt, hat Reiss die Aussetzung bei der Polizei gemeldet. Sollte sich bewahrheiten, dass der Hund tatsächlich aus dem Fahrzeug geworfen wurde, droht mindestens eine Ordnungswidrigkeit wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz. Das Aussetzen eines Hundes kann mit bis zu 25.000 Euro Bußgeld bestraft werden.
Für Reiss und das Team der Hundesicherung sowie die zahlreichen Menschen, die gerade bei der Suche helfen, zählt zunächst aber nur eines: „Strolch“ zu finden. Wer den weiß-braunen Jack-Russel-Terrier sieht, soll ihn nicht selbst einfangen. Stattdessen soll die Hundesicherung benachrichtigt werden. Sie ist unter der Telefonnummer (0 15 14) 4 92 96 73 erreichbar.