„Wir wurden informiert, dass sich das Unternehmen Kervita aus dem Projekt zurückgezogen hat“, betätigt Stadt-Sprecherin Petra Neumann. Hintergründe und Details seien nicht bekannt. Auch das Unternehmen selbst reagiert bislang nicht auf Anfragen der Redaktion. Doch die Frage nach den Gründen für die Projekt-Aufgabe ist in der Bevölkerung groß. Immerhin hatte Kervita nach PAZ-Informationen geplant, deutlich mehr als 20 Millionen Euro an dem Standort an der Braunschweiger Straße zu investieren.
Vorgesehen war, einen Komplex mit einer Mischung aus stationärer Altenpflege mit 130 Betten in Einzelzimmern, Tagespflege, 66 Wohnungen für betreutes Wohnen und 67 Wohnungen mit einer Größe von anderthalb bis vier Zimmern für Einzelmieter, Paare und Familien zu bauen. Zudem sollten auf dem Gelände eine Kindertagesstätte, Arztpraxen und eine Apotheke entstehen. Ein Konzept, dass eigentlich die Kernkompetenzen des 2005 von der Familie Kering gegründeten Unternehmens vereint. Das inhabergeführte Familienunternehmen hat sich auf die Planung, den Bau und den Betrieb von stationären Pflegeeinrichtungen spezialisiert und wuchs im Laufe der Zeit zu einer Firmengruppe mit mehr als 1.600 Mitarbeitern heran. Die Firmenzentrale sitzt in Hamburg, bundesweit ist Kervita mittlerweile an 18 Standorten, vor allem im norddeutschen Raum, mit modernen Senioren-Zentren vertreten.
„Grundsätzlich ist es ja schön, wenn überall Seniorenheime gebaut werden. Aber dann sollten sie auch für Senioren bezahlbar sein“, sagt Elisabeth Heider aus Essinghausen zu den ursprünglichen Plänen. Die 69-Jährige, die gelegentlich in der Südstadt unterwegs ist, sei glücklicherweise noch nicht auf eine Einrichtung angewiesen, doch sollte es soweit kommen, könne sie sich das nicht leisten. „Die Lage hier am Bahnhof finde ich ohnehin nicht besonders geeignet für ein Seniorenwohnheim. Doch so bleiben kann das Gelände auch nicht. Es ist ein Schandfleck für Peine“, meint die Seniorin. „Und davon haben wir in der Stadt mittlerweile leider einige.“
Dabei prägte die Mälzerei Langkopf seit 1848 maßgeblich das Stadtbild der Peiner Südstadt. Gegenüber des Bahnhofs ragten die 35 Meter hohen Türme in den Himmel, der Gilde-Lindner-Schriftzug zeugte von einem wichtigen Wirtschaftsstandort. Doch 2010 machte die Mälzerei Schluss, sechs Jahre später wurde der Komplex abgerissen. Auf dem rund 24.500 Quadratmeter großen Gelände an der Braunschweiger Straße wurde eine 12.000 Quadratmeter große bebaubare Fläche geschaffen, die mittlerweile von Gestrüpp und Müll überwuchert ist.
„Es ist traurig, dass es solche Flächen überhaupt noch gibt“, meint auch eine weitere Seniorin aus der Peiner Südstadt. Die 85-Jährige geht beinahe täglich an dem heruntergekommenen Areal entlang und fragt sich, wieso es so lange dauert, bis sich dort etwas bewegt. „Wir Leute aus der Südstadt kommen täglich hier vorbei, es herrscht viel Verkehr und Züge kommen am Bahnhof an“, fasst sie zusammen. „Das sieht einfach nicht schön aus. Ich würde mich freuen, wenn es mal einen netteren Anblick gäbe.“
Doch wie dieser aussehen könnte, bleibt ungewiss. Zuletzt hieß es, dass sich das Gelände in Besitz des Kervita-Gesellschafters Klaus-Dieter Stahl befindet. Ob es bereits neue Pläne für die gut gelegene Fläche zwischen Bahnhof und Friedrich-Ebert-Platz gibt, ist nicht bekannt. Kervita-Geschäftsführer Christian Kerling stand am Freitag für ein Gespräch nicht bereit.