„Das Pfandhaus gilt als ,Bank des kleinen Mannes’“, sagt Julius Falkenhain-Walkling. Seit 2021 arbeitet er in diesem Gewerbe, das mit zu den ältesten der Welt zählt und dem für manch einen etwas Verrufenes anhaftet. „Manchmal gibt es Kunden, die sind sehr zögerlich“, erzählt der Pfandleiher. Allerdings habe er eine große Stammkundschaft, für die der Besuch im Pfandhaus völlig normal sei. „Es ist für viele wie der Gang zu Bank.“
Und ähnlich wie in einer Bank nimmt Falkenhain-Walkling hinter Stahltresen und schusssicherem Glas die Dinge entgegen, die den Besitzern kurzfristig aus ihrer Notlage helfen sollen. Die angebotenen Wertsachen sind dabei so unterschiedlich wie die Kunden selbst. Oft ist es Gold, das in anderen Kulturen üblicherweise zu Geburtstagen oder Festen verschenkt werde. Goldene Ringe, Ketten und Ohrringe aber auch ganze Barren landen im Peiner Leihhaus. Als kleiner Prozentsatz kommen E-Scooter sowie hochwertige Technik in Form von Laptops und Handys hinzu.
„Das verrückteste Angebot, das ich einmal hatte, war eine Krokodiltasche, die tatsächlich wie ein ausgenommenes Krokodil aussah“, erzählt der Peiner. Angenommen hat er die Tasche nicht, denn Krokodile sind streng geschützt. Das Leder dürfe nur in Ausnahmefällen gehandelt werden – wenn es nachweislich von einem gezüchteten Farmtier stamme. Auch Korallen, Pelze und andere unethische Dinge wandern nicht über seinen Tresen. Für ein Schweißgerät für Glasfaserkabel, das ein anderer Kunde in seinen Laden brachte, gab es jedoch einen Pfandschein. „Es wurde aber auch wieder ausgelöst“, schildert Falkenhain-Walkling.
Nimmt der Pfandleiher Wertgegenstände in Zahlung, gibt er den Kunden dafür Bargeld in Form eines Kredits. Dafür stellt er zunächst den Geldwert des beliehenen Gegenstandes fest und zahlt dann zwischen 50 und 80 Prozent des Geldwertes nach eigenem Ermessen an den Kunden aus. Zudem erhält der Kunde einen Pfandschein. Mit diesem hat er drei Monate Zeit, den Gegenstand gegen das geliehene Geld plus Zinsen und Gebühren wieder auszulösen. Dazu gibt es einen Monat Karenzzeit. Ist der Gegenstand bis dahin nicht wieder ausgelöst worden, wird er öffentlich versteigert. „Dazu kommt ein öffentlich gestellter Auktionator in meinen Laden. Der Termin wird öffentlich bekannt gegeben“, erklärt Falkenhain-Walkling das Prozedere.
Die Zinsen für eine Pfandleihe sind in der Deutschen Pfandleihverordnung festgeschrieben und liegen bei einem Prozent des Kreditbetrags pro Monat. Der Verbraucherzentrale Hamburg zufolge dürfen Pfandhäuser sogenannte Kosten des Geschäftsbetriebs an ihre Kundinnen und Kunden weitergeben. Diese Gebühren richten sich bis zu einem Betrag von 300 Euro ebenfalls nach der Pfandleihverordnung und sind gestaffelt. Für einen Kredit von 300 Euro wird beispielsweise eine Gebühr von 6,50 Euro fällig. Für höhere Summen können Kunden die Gebühren hingegen frei vereinbaren. Muss eine Verlängerung beantragt werden, weil das Geld für die Auslösung nicht rechtzeitig aufgetrieben werden kann, erhöhen sich die Gebühren und Zinsen um den monatlichen Betrag, der am Anfang des Kredites festgelegt wurde.
Bei allem Wertsachen, die er annimmt, achtet der Pfandleiher darauf, dass sie sich auch wieder versteigern lassen. Das passiert, wenn der Kunde seinen Pfandgegenstand nicht wieder auslöst und auch den Pfandkreditvertrag nicht verlängert. „Wir haben vier Versteigerungen im Jahr“, erzählt der Peiner Pfandhausbetreiber. Nur in etwa zehn bis 15 Prozent der Fälle würden die Wertsachen nicht wieder abgeholt. Erst wenn die Gegenstände nicht versteigert werden können, fallen sie dem Pfandhaus zu.
Die Gründe, warum seine Kunden Wertsachen versetzen lassen, seien vielfältig, sagt Falkenhain-Walkling. Ein kaputtes Auto, dessen Reparatur finanziell überfordert, eine hohe Stromrechnung oder schlicht das leere Portemonnaie – „viele kommen, weil es ein bisschen knapp geworden ist am Monatsende“, erzählt er. Eine Bonitäts- oder Schufa-Prüfung gibt es nicht, einzig der Personalausweis muss vorgelegt werden. Allerdings werde weniger Geld ausgezahlt, wenn ein Kunde mehrfach seine versetzten Gegenstände nicht abholt. „Das ist sozusagen unser internes Bonitätssystem“, sagt Falkenhain-Walkling.
Diebesgut sei in seinem Geschäft, das kürzlich vom früheren Standort neben dem Schrotthandel an der Fritz-Stegen-Allee zum Echternplatz umgezogen ist, noch nicht auf den Tresen gekommen – und das bleibe hoffentlich auch so. „Wenn Einbrüche stattfinden, dann gibt es schon mal Anfragen der Polizei an uns oder auch von Bestohlenen selbst. Dann achten wir darauf“, führt er aus.
Mehr als eine Million Deutsche gehen Schätzungen zufolge jedes Jahr ins Pfandhaus und nehmen insgesamt Kredite von weit mehr als einer halben Milliarde Euro auf. Tendenz steigend.