PAZ: Herr Heil, gleich vorweg: Glauben Sie, dass ein Verbot der AfD etwas bringen wird? Oder besteht eher die Gefahr, dass die Akteure eine neue Partei mit anderem Namen, aber mit den gleichen Zielen bilden und letztendlich wieder eine Gefahr für die Demokratie sind?
Es gibt aus guten Gründen sehr hohe Hürden für Parteienverbote in diesem Land. Deshalb müssen neben der politischen Auseinandersetzung die zuständigen Sicherheitsbehörden wie der Verfassungsschutz ein Auge auf rechtsextreme Bestrebungen haben, müssen da sehr genau hinsehen. Teile der AfD sind ja als rechtsextrem eingestuft, auf jeden Fall auch die Jugendorganisation. Wenn wir ein Parteien-Verbot anstreben, dann müssen wir uns sehr sicher sein, dass es auch funktioniert. Deshalb konzentriere ich mich persönlich eher auf die politische Auseinandersetzung mit Rechtsextremen, denn die spalten unser Land, die lösen kein Problem, die schaden Deutschland. Sie sind auch keine Alternative für Deutschland, sie wären der Abgrund für unser Land. Ich bin froh, dass das viele Bürgerinnen und Bürger erkannt haben.PAZ: Was machen Sie selbst konkret zum Thema Engagement gegen Rechtsextremismus? Gehen Sie in Ihrem Wahlkreis Gifhorn/Peine oder in Berlin zu den Demonstrationen?
Mein Eindruck ist – und das ist auch wissenschaftlich untersucht –, dass die meisten Bürgerinnen und Bürger hochgradig vernünftig und anständig sind. Wir haben aber eine Situation, dass durch die vielen Veränderungen, Kriege und Krisen, die wir erleben, diese Gesellschaft leicht entzündbar geworden ist. Man kann durch wilde Reden die Gesellschaft auseinandertreiben bei sozialen Fragen, bei Klimafragen, bei Migrationsfragen. Oder man kann Probleme lösen. Ich finde, dass demokratische Politiker die Verantwortung haben, diese Gesellschaft zusammenzuführen und nicht durch wilde Reden auseinanderzutreiben. Dieser Verantwortung versuche ich gerecht zu werden.
Ich habe mich zudem vergangene Woche in Gifhorn mit verschiedenen Bündnissen getroffen, die sich hier in weiten Teilen des Landkreises für die Demokratie engagieren. Vielleicht ist es an der Zeit, mal Danke dafür zu sagen, dass sich über Partei-Grenzen hinaus so viele Menschen engagieren, auch aus der Wirtschaft, aus den Gewerkschaften, aus zivilgesellschaftlichen Organisationen. Das macht mir Mut, dass wir diesen Rechtsextremismus auch wieder zurückdrängen können.
PAZ: Es gibt aber auch große, namhafte Unternehmen wie die Molkerei Müller, die sich ganz klar in Richtung AfD bekennen. Da gibt es von demokratischer Seite entsprechende Boykott-Aufrufe der Produkte. Wie ist da Ihre Haltung, wenn sich Unternehmen pro AfD aussprechen?
Mir ist wichtig, dass die Bewegung gegen Rechtsextremismus ein breites gesellschaftliches Bündnis ist. Ob die Menschen Christdemokraten, Sozialdemokraten, liberale Demokraten oder Grüne sind, das ist nicht wichtig, sondern dass wir bei allen politischen Unterschieden im Wettbewerb zwischen Demokraten eines gemeinsam haben, nämlich dass wir dieses Land nicht von Extremisten kaputt machen lassen. Das ist ein wichtiges Zeichen und ich bin froh, dass sich dafür auch so viele Menschen aus der Wirtschaft engagieren.