Der Arzt ruft zur Vorsicht, ganz besonders in Wald- und Gartengebieten, auf. „Zecken lieben es, wenn es warm und feucht ist und halten sich besonders gerne im dichten Strauchwerk auf“, weiß er. Hauptsächlich sei die Zecke auf Hunde und Nagetiere focussiert. Wer als Mensch dennoch von einem Biss betroffen sei, habe zwei Möglichkeiten. „Eine Zeckenzange oder Pinzette sind immer noch der beste Weg, um eine Zecke zu entfernen“, empfiehlt Scheibe.
„Im Jahr habe ich etwa 30 Fälle in der Praxis“, erzählt Christian Bekermann, Sprecher der Kassenärztlichen Vereinigung in Wolfsburg, „Das hängt aber sehr stark von der Saison ab.“ Die Aktivität einer Zecke hänge in erster Linie von der Witterung ab. Noch dazu trete sie vermehrt in grüneren Städten, zu denen auch die Volkswagenstadt zähle, auf. „Zecken sollten nicht länger als 24 Stunden saugen. Das erhöht nämlich sonst das Risiko für Borreliose.“
In der allgemeinen Wahrnehmung werde das Krankheitsbild, nach Ansicht des Ärztesprechers, aber viel höher stilisiert, als es in Wahrheit auftrete. „Es wird viel mehr der Borreliose zugeschrieben, als es in der Realität tatsächlich der Fall ist“, weiß Bekermann. Dabei müsse man zwischen der Früh- und der Spätborreliose unterscheiden. „Eine Frühborreliose kommt häufiger mal vor, während ich eine Spätborreliose etwa einmal in zehn Jahren erlebe“, stellt der Ärztesprecher klar. Die Hauptsaison für Zecken dauere von April bis zum Spätsommer.
In der Hauptsaison habe der Allgemeinmediziner etwa drei bis vier Fälle bei sich in der Praxis. „Die meisten Zeckenbisse passieren im heimischen Garten“, betont Bekermann. Er empfiehlt, den eigenen Körper regelmäßig nach Zecken abzusuchen. Sei an der betroffenen Stelle auch sechs bis acht Wochen später noch immer eine Rötung feststellbar, empfehle er in jedem Fall einen Arzt aufzusuchen. „Entscheidend ist es, Zecken möglichst früh rauszuziehen, wenn sie sich fest gebissen haben“, unterstreicht Bekermann. Auch im Kreis Gifhorn sind Zecken aktiv. „Ich habe vergangene Woche bereits einem Patienten schon die erste Zecke hinter seinem Ohr entfernt“, erzählt Carsten Gieseking, Sprecher des Gifhorner Hausärzteverbandes, aus Müden. Eine Zecke brauche etwa 12 bis 24 Stunden, um Krankheiten zu übertragen. „Gegen Borreliose kann man zwar Hunde impfen. Für Menschen gibt es so etwas aber noch nicht“, stellt Gieseking klar. Fälle von FSME seien bisher nicht in Gifhorn vorgekommen. Wer unsicher in Bezug auf Zeckenbisse sei, könne sich ärztlich untersuchen lassen. „Aber die reguläre Sprechstunde reicht dafür aus“, so Carsten Gieseking. In die Notaufnahme müsse man deswegen in der Regel nicht.Klaus-Achim Ehlers, Kreissprecher der Kassenärztlichen Vereinigung in Gifhorn, hat in seiner Praxis in diesem Jahr bereits drei Zecken, die gebissen hatten, entfernt. „Das ist ziemlich früh. Vermutlich ist es nicht kalt genug, sodass zu viele Zecken überleben“, vermutet er. Normalerweise beginne die Saison erst im April oder Mai. Die betroffene Stelle müsse man 14 Tage lang beobachten. Bilde sich innerhalb dieser Zeit ein Erythem, also eine Rötung der Haut, so müsse der Patient Antibiotika einnehmen. Zumindest gegen FSME könne man sich bereits impfen lassen. „Aktuell sehe ich in Gifhorn allerdings noch keine Notwendigkeit zur Impfung“, hält Ehlers fest. Doch dies könne sich ändern, sollte sich FSME auch in Norddeutschland ausbreiten.
Das Robert-Koch-Institut zählte in Deutschland im Jahr 2023 insgesamt 475 FSME-Fälle. Im Vorjahr seien es noch 565, also rund 16 Prozent mehr Erkrankungen, gewesen. Das Risiko für FSME steige ab einem Alter von 40 Jahren. Im Schnitt seien Männer häufiger von der Krankheit betroffen als Frauen.
Die höchste Fallzahl sei 2023 überraschenderweise im Juli aufgetreten. In den Vorjahren war dies immer im Juni der Fall gewesen. Das Risiko für eine Infektion sei bundesweit vor allem in Bayern, Baden-Württemberg, in Südhessen, dem südöstlichen Thüringen, in Sachsen sowie dem südöstlichen Brandenburg besonders hoch. In Niedersachsen gehöre lediglich der Landkreis Emsland zu den riskanten Gebieten.