Neben Eltern und Erziehern nahmen auch einige Politiker an der Veranstaltung teil. „Schon im Vorfeld war die Resonanz groß. Aber wir waren überwältigt, dass am Ende auch wirklich so viele Teilnehmer da waren“, sagt er. Besonders positiv aufgefallen sei, dass alle Fraktionen aus dem Rat anwesend waren. Die massiven Betreuungseinschränkungen in den Vechelder Kitas machten die Veranstaltung notwendig.
Nicht nur die Betreuungsengpässe, sondern auch die massiven Einschränkungen bei der Planbarkeit der Arbeitgeber würden die betroffenen Eltern belasten. „Die Stimmung war ernüchternd: Viele Eltern wollten Fragen zur aktuellen Kita-Situation beantwortet haben. Wir, als Gemeindeelternrat, haben uns allerdings für eine reine Info-Veranstaltung entschieden“, betont er. Nicht zuletzt habe die Auslegung und Vorgabe des niedersächsischen Kita-Gesetzes zur Verunsicherung der betroffenen Eltern geführt.
„Vorab waren viele widersprüchliche Informationen im Umlauf“, hält der Vorsitzende fest. Ein Vortrag der Referentin Sylvia Schulze-Ripken, Vorsitzende des Peiner Kita-Stadtelternrates, habe in Bezug auf das Gesetz Licht ins Dunkel gebracht. „Mit der Referentin haben wir jemanden gefunden, der über die Materie Bescheid weiß, und neutral über das Thema referieren kann“, erkennt Santa Barbara an.
Eine offene Fragerunde sollte die Teilnehmenden auf den gleichen Informationsstand bringen. Neben Fragen zur Auslegung einzelner Punkte des Kita-Gesetzes hätten vor allem Fragen zur aktuellen Kita-Situation in Vechelde im Fokus gestanden, wie beispielsweise: Warum gibt es akute Einschränkungen in bestimmten Kitas? Woran liegt das, und was wird dagegen getan? „Als Elternteil hatte man so einerseits die Möglichkeit, seinen Frust loszuwerden und andererseits konstruktiv seine Erwartungshaltung gegenüber der Gemeinde und Politik äußern zu können“, erklärt Ricardo Pratas Santa Barbara.
Daneben konnten die Anwesenden auch einen Online-Fragebogen des Gemeindeelternrates ausfüllen. Jede und jeder Einzelne bekam dadurch die Möglichkeit, nicht nur ein Feedback zur Veranstaltung selbst, sondern auch eine persönliche Einschätzung zum Maßnahmenpaket des Vechelder Bürgermeisters Tobias Grünert (CDU) und bisher noch offen gebliebene Fragen zu teilen. Im Laufe der kommenden Woche soll nun eine Auswertung der Ergebnisse durch den Gemeindeelternrat erfolgen. „Wir schauen optimistisch in die Zukunft und hoffen, dass wir gemeinsam mit der Gemeinde und Politik auf Augenhöhe prüfen können, welche Stellschrauben möglich sind, um sowohl die Eltern als auch die Erzieher zu entlasten“, hält Santa Barbara fest.Laut der Gewerkschaft Verdi haben im vergangenen Jahr 25 Beschäftigte der insgesamt neun kommunalen Kita-Einrichtungen aus der Gemeinde Vechelde gekündigt. Grund dafür seien „die schlechten Arbeitsbedingungen vor Ort gewesen“. Teilweise hätten nur zwei Fachkräfte in einer Kindertagesstätte rund 80 Kleinkinder betreuen müssen. „Es ist das eingetreten, wovor wir schon seit Langem warnen: Das System beginnt zu kollabieren“, hält Verdi-Landesleiterin Andrea Wemheuer fest.
Niedersachsens Kultusministerin Julia Willie Hamburg (Grüne) erwartet in naher Zukunft noch keine Entspannung der Lage. „Wir bilden aus, was das Zeug hält, um dagegenzuhalten, aber der Fachkräftemangel wird in den nächsten Jahren Realität sein“, so Hamburg. Aktuell befänden sich insgesamt 19.200 Sozialassistentinnen und Erzieherinnen in ganz Niedersachsen in der Ausbildung. Dabei würden vonseiten des Kultusministeriums nicht nur neue Wege zur Qualifizierung von Quereinsteigern geschaffen.
Auch den Kitas würden mehr Freiräume eingeräumt, damit diese nicht schließen müssten, sobald Fachkräfte fehlen würden. Doch während die Kommunen mehr Kita-Plätze schaffen würden, steige sogleich auch der Betreuungsbedarf. „Allein 2023 sind in Niedersachsen 160 neue Einrichtungen an den Start gegangen. Das ist die Spirale, in der wir uns befinden. Jede neue Einrichtung braucht Fachkräfte“, hält die niedersächsische Kultusministerin fest. Es sei jedoch schwer zu sagen, wann sich die Kita-Krise dem Ende zuneige. „Alle Prognosen sagen uns, es ist eine absehbare Zeit. Aber ob es dann 2028, 2030 oder 2032 ist, muss sich noch zeigen“, hält Hamburg fest.