„Offiziell wird die Anlage am 1. Oktober an den Rückbauer übergeben, aber kleinere Arbeiten werden schon erledigt“, sagt Armin Fieber, Geschäftsführer der Kraftwerk Mehrum GmbH, auf Nachfrage. Möglicherweise noch in diesem Jahr, spätestens aber im Februar 2025 wird sich dann auch das äußere Erscheinungsbild der Anlagen grundlegen verändern: Dann sollen der markante Kühlturm und die beiden etwa 60 Meter hohen, runden Aschesilos gesprengt werden. Später wird auch der 250 Meter hohe Schornstein weichen, und als Letztes dann das große, eckige Kesselhaus. „Das Kesselhaus muss aber nicht gesprengt werden, sondern kann konventionell weggerissen werden, sagt Fieber. Auch die beinden Verwaltungsgebäude sollen verschwinden.
Das bisherige Kraftwerksgelände soll vollkommen freigeräumt werden – lediglich das Lager und das Pförtnerhaus bleiben stehen. Schnell geht so ein Rückbau allerdings nicht: Noch mindestens zwei Jahre sind dafür eingeplant.
Wenn es nach Fieber geht, könnte auf einem zurzeit brach liegenden Teilbereich des Kraftwerksgeländes eine neue Anlage entstehen: Seit Längerem ist der Bau eines modernen Gaskraftwerks im Gespräch. Zu den Aussichten, ob diese Überlegungen Realität werden könnten, möchte sich Fieber noch nicht festlegen. „Wir warten jetzt auf die Kraftwerksstrategie der Bundesregierung. Wenn wir die kennen, werden wir entscheiden, ob wir uns bewerben“, macht er deutlich. Die Kraftwerksstrategie soll den Rahmen und Anreize für Investitionen in moderne, hochflexible und klimafreundliche Anlagen schaffen, die in der Lage sind, Wasserstoff zu nutzen.
Zwischenzeitlich wurde auch öffentlich darüber gesprochen, auf dem Kraftwerksgelände ein Wasserstoffzentrum zu bauen, um dort durch Elektrolyse Wasserstoff zu produzieren. Diese Überlegungen sind jedoch längst wieder vom Tisch.
Nach wie vor offen ist die Zukunft des Kohlehafens am Mittellandkanal. Bis Anfang 2023 wurde dort per Schiff die für den Betrieb des Kraftwerks benötigte Steinkohle angeliefert. Das Gelände an der Grenze zwischen der Peiner Ortschaft Schwicheldt und der Gemeinde Hohenhameln ist rund 250.000 Quadratmeter groß und soll auch in Zukunft genutzt werden. Auch dort ist ein Rückbau der bisherigen Anlagen vorgesehen, um den Weg für etwas Neues freizumachen. Es gebe bereits Gespräche dazu, sagt Fieber. Öffentlich dazu äußern, welches Unternehmen sich dort künftig ansiedeln könnte, möchte er sich zum aktuellen Zeitpunkt jedoch noch nicht.
Das Kraftwerk Mehrum war Ende 2021 zunächst vom Netz gegangen, nachdem sich der Betreiber im Zuge des Kohleausstiegs erfolgreich in einer Ausschreibung zur Abschaltung von Kohlekraftwerken beworben und sich eine Stilllegungsprämie gesichert hatte. Als es nach dem russischen Angriff auf die Ukraine im Februar 2022 zum Einbruch der Erdgaslieferungen aus Russland kam, wurden einige Kohlekraftwerke in Deutschland reaktiviert, darunter auch das in Mehrum. Kurz vor dem endgültigen Aus Ende März 2024 war die Anlage dann noch einmal stark gefragt: 498 Millionen Kilowattstunden Strom produzierte das Steinkohlekraftwerk 2024 von Jahresbeginn bis Ostern – das entspricht dem Bedarf von mehr als einer halben Million Durchschnittshaushalten in diesem Zeitraum. Im Jahr 2022 hatte die Anlage nach ihrem Neustart im August noch einmal rund eine Milliarde Kilowattstunden Strom produziert.