Peine: Wie sicher sind die Schulen?
Vorfall am Donnerstag in der Bodenstedtschule zeigt: Amok-Lagen sind jederzeit und überall möglich

Das Schulzentrum in Ilsede ist ein großer, in sich offener Gebäudekomplex, in dem insgesamt rund 2000 Schüler unterrichtet werden.Foto: Ralf Büchler
Kreis Peine. Amok-Lagen an Schulen sind in Deutschland zum Glück sehr selten. Dennoch können sie jede Schule jederzeit treffen, wie am Donnerstag an der Bodenstedtschule in Peine zu erleben war. Um vorzubeugen und im Ernstfall schnelle Hilfe sicherzustellen, kann eine Menge getan werden. In der Pflicht sind die Schulen selbst, aber auch die Schulträger haben zahlreiche Möglichkeiten. Im Landkreis Peine ist da aber offenbar noch Luft nach oben.

Eine besonders große Einheit ist das Schulzentrum in Ilsede mit Gymnasium, Real-, Haupt- und Grundschule. Dort werden in einem riesigen, langgezogenen und in sich offenen Komplex insgesamt rund 2.000 Jungen und Mädchen unterrichtet. Mit dem Thema Amok-Schutz befasst sich schwerpunktmäßig der Leiter der Realschule, Gerrit Waltermann. „Schulen, Eltern, Träger und Polizei können viel zum Schutz der Schulen vor solchen Ereignissen beitragen, auch wenn es natürlich keine 100-prozentige Sicherheit geben kann“, sagt er.

Diese Einschätzung wird vom Landkreis Peine geteilt, der für die Gebäude zuständig ist. „Die präventiven Aufgaben unterscheiden sich in der Zuständigkeit“, erklärt der Sprecher der Landkreisverwaltung, Fabian Laaß. Die organisatorischen Maßnahmen lägen maßgeblich bei den Schulen beziehungsweise deren Leitungen. Es hätten entsprechende Informationsveranstaltungen stattgefunden. „In allen Schulen gibt es Notfallpläne, die unter anderem auch der Polizei vorliegen“, macht Laaß deutlich.

Der Landkreis als Schulträger prüfe bei Begehungen die technischen und baulichen Voraussetzungen. Dabei werden laut Laaß Belange des Brandschutzes, der Zugangsmöglichkeiten der Feuerwehr sowie des Amok-Schutzes gewürdigt. „Diese Begehungen sollen zukünftig gemeinsam mit Polizei, Feuerwehr, Schulleitung und uns stattfinden“, so der Sprecher. Das sei bei der Sitzung des Ausschusses für Schule, Kultur und Sport festgehalten worden, die zufällig am Tag des Amok-Alarms stattgefunden hat. Schulen und Schulträger befinden sich laut Laaß in regelmäßigem Austausch mit der Polizei, das Thema werde sehr ernst genommen.

„Was von Seiten der Schule getan werden kann, wurde und wird bei uns getan“, macht Waltermann am Beispiel des Schulzentrums deutlich. Es gebe ein aktuelles Konzept zur Reaktion auf Bedrohungslagen, die Lehrkräfte seien entsprechend geschult. Die Schulen hätten in Eigenleistung die Fenster und Türen von innen und außen mit Raumnummern versehen und die Gebäudepläne, die an exponierten Stellen aushängen, seien auf dem neusten Stand. Zudem werde in der Prävention aktiv und aufmerksam mit den Schülerinnen und Schülern gearbeitet.

Für einige andere mögliche Maßnahmen sei der Schulträger gefragt. Dazu haben die Schulleiter einige Ideen: Das sind unter anderem Knäufe an den Außenseiten aller Unterrichtsräume, damit ein unbefugtes Betreten vom Flur aus erschwert wird. Zudem wäre ein Schließsystem mit Zeitsteuerung sinnvoll, mit dessen Hilfe nicht zu jeder Zeit alle Eingangstüren von außen geöffnet werden können. Wenn die Türen geschlossen sind, könnte der Zugang zur Schule über einen oder zwei Eingänge mit Kameraüberwachung möglich gemacht werden.

Bei der benachbarten Astrid-Lindgren-Schule und verschiedenen Grundschulen sei das bereits der Fall.

Auch bei der Information von Schülern und Lehrer per Durchsage seien Verbesserungen möglich. So müsse per Knopfdruck ein separater Alarmton und eine Bandansage ausgelöst werden. „Dies im Ernstfall manuell durchzuführen, ist völlig realitätsfremd“, ist Waltermann überzeugt. Zudem sei es sinnvoll, einen Amok-Alarm automatisch an die Einsatzzentrale der Rettungskräfte weiterzuleiten, um im Ernstfall keine wertvolle Zeit verstreichen zu lassen. Man habe den Landkreis als Schulträger seit Jahren mehrfach auf diese Möglichkeiten hingewiesen, leider sei mit dem Hinweis auf die Kosten bislang nichts davon umgesetzt worden, bedauert der Ilseder Schulleiter. Insbesondere bei der Anpassung der Lautsprecheranlage, die er zudem für die wirkungsvollste aller vorgeschlagenen Maßnahmen hält, könne er die Bedenken nicht nachvollziehen.

An der Peiner Burgschule, wo Grund- und Hauptschüler unterrichtet werden, sieht es deutlich anders aus. Nach Aussage des Schulleiters Jan-Philipp Schönaich wird das Gebäude während der Unterrichtszeit geschlossen gehalten. „Wer hinein will, muss klingeln“, betont Schönaich. Zudem gebe es die Möglichkeit, über mehrere Amok-Knöpfe einen Alarm und eine standardisierte Durchsage auszulösen, und die Lehrer sowie andere Mitarbeitende könnten über eine WhatsApp-Gruppe mit Informationen versorgt werden.

„Wir haben gestern vorsorglich reagiert, als der Verdacht bestand, dass der mögliche Täter sich im Stadtgebiet bewegt“, erklärt Schönaich. Das Kriseninterventionsteam sei aktiviert worden, und die Schüler habe man nicht in die Pause geschickt, sondern in den Klassenräumen betreut. Über Iserv, also die schulinterne Internetplattform, seien die Eltern darüber informiert worden, dass an der Burgschule keine Gefahr besteht. Die Schule befindet sich in der Trägerschaft der Stadt Peine. Zufällig hat sich am Tag der Ereignisse der Rat der Stadt getroffen. Bürgermeister Klaus Saemann (SPD) signalisierte dort, dass vor dem Hintergrund der Ereignisse der Amok-Schutz an den Peiner Schulen überprüft werden soll.

Druckansicht