Das große Problem: Ein erheblicher Teil dieser enormen Summe ergibt sich durch Pflichtaufgaben, die nicht ausreichend gegenfinanziert werden. Man spricht deshalb von einem strukturellen Defizit. Der Landkreis Peine steht nicht allein da: Auch von nahezu allen Kommunen wird dies bemängelt.
„Die gesamtstaatlichen Aufgaben, die wir erfüllen müssen, nehmen ständig zu, ohne dass es einen entsprechenden finanziellen Ausgleich gibt“, macht Bettina Conrady deutlich.
Beispiele seien der Kita-Bereich, Leistungen nach dem Asylgesetz, der Öffentliche Personennahverkehr und der Schülertransport, soziale Leistungen wie das Bürgergeld und die Grundsicherung sowie die Jugendhilfe, die allein mit 66 Millionen Euro zu Buche schlägt. Es müssten deutlich mehr Kinder aus ihrer Familie herausgenommen und anderweitig untergebracht werden als früher, und auch die Notwendigkeit von Schulbegleitungen nehme zu. Beides seien Beispiele für Kosten, die nicht refinanziert würden.
„Freiwillige Leistungen nehmen nur rund vier Prozent der Planung ein“, rechnet Conrady vor. Dazu zählen die Kreisbüchereien, das Museum, die Kreismusikschule und auch soziale Projekte. Hier seien kaum noch Einsparungen möglich.
Das voraussichtliche Defizit im Ergebnishaushalt fällt um rund zwölf Millionen Euro höher aus, als vor einem Jahr erwartet worden war, und da ging man bereits von knapp 23 Millionen Euro aus. Der Kreishaushalt hat sich abrupt dramatisch entwickelt: „In den Jahren von 2014 bis 2022 hatten wir keine Defizite“, rechnet der stellvertretende Fachdienstleiter Kämmerei, Ulrich Heinisch, vor.
2023 ist die Situation komplett gekippt: Es wurde in der Planung von einem Minus von rund neun Millionen Euro ausgegangen. Ein Jahr zuvor wurden noch deutliche Überschüsse erzielt. Für 2024 wurde mit einem Defizit von rund 23 Millionen Euro geplant.
„Ohne eine grundlegende Veränderung der finanziellen Rahmenbedingungen durch eine auskömmliche Gegenfinanzierung der Pflichtaufgaben haben wir auch für die kommenden Jahre keine Chance, dass sich die finanzielle Situation verbessert“, macht Heinisch deutlich. Deutlich steigende Preise für Personal, Energie und Bauprojekte sind weitere Punkte, die Kosten des Landkreises in die Höhe treiben.
Die finanzielle Lage des Landkreises ist so angespannt, dass für die Wahrnehmung der laufenden Verwaltungstätigkeiten Liquiditätskredite aufgenommen werden müssen. Das ist etwa vergleichbar mit einem Dispo-Kredit für Privatpersonen.
Die einzige Einnahmequelle, auf die der Landkreis Einfluss hat, ist die Kreisumlage, die von den kreisangehörigen Gemeinden und der Stadt Peine gezahlt wird. Der Hebesatz liegt zurzeit bei 58,1 Prozent. Um das Defizit auszugleichen, müsste sie auf 75 Prozent erhöht werden - angesichts der ebenfalls engen Haushaltslage der Gemeinden ist das absolut unrealistisch.
Den mit Abstand größten Ausgabeposten bilden mit 243 Millionen Euro die sogenannten Transferaufwendungen. Dazu zählen Sozialleistungen wie Bürger- oder Wohngeld oder die Jugendhilfe.
Personalkosten schlagen mit rund 77 Millionen Euro zu Buche, Betriebskostenzuschüsse für Kitas aufgrund des Vertrages mit den Gemeinden mit 22,7 Millionen Euro. Für die Gebäudeunterhaltung sind 20 Millionen Euro eingeplant, für Rettungsdienste (außer Personalkosten) fast zehn Millionen Euro, für die Schülerbeförderung ebenfalls rund zehn Millionen Euro und für die Straßenunterhaltung 3,6 Millionen. Trotz des Millionen-Defizits wird im Rahmen des Möglichen saniert und gebaut. „Wenn wir das nicht tun, fällt uns das in einigen Jahren auf die Füße“, erklärt Conrady. Insgesamt sind Investitionen für 69 Millionen Euro vorgesehen. Dieser Betrag wird um voraussichtliche Einnahmen durch Zuschüsse um 4,1 Millionen reduziert.
Errichtet werden Sporthallen in Vechelde und Lengede – die Realschule in Vechelde und das Gymnasium am Silberkamp bekommen Erweiterungen, und die Sporthalle in Edemissen wird komplett saniert. Für Hochbaumaßnahmen sind knapp 20 Millionen Euro eingeplant.
In den Straßenbau sollen 7,8 Millionen Euro fließen. Die größten Projekte in diesem Bereich sind der Ausbau der K 69 zwischen Wense und der B 214 (vier Millionen) und der Radweg entlang der K 69 zwischen Bierbergen und Hohenhameln (1,2 Millionen).
5,8 Millionen Euro sollen in den Katastrophenschutz investiert werden. Größter Posten hier ist der Wiederaufbau des Sirenennetzes (3,6 Millionen). Für die EDV (Hardware, Lizenzen, Server) sind 915.000 Euro vorgesehen.
Das Klinikum Peine bekommt eine Investitionszuwendung in Höhe von 24,5 Millionen Euro. 18,6 Millionen Euro davon sind Planungskosten für den Neubau.