Besonders beliebt ist der Großraum Wendeburg. „Dort gibt es mehr als 35 Nester“, weiß Baumgart. Im vergangenen Jahr hatte er noch 18 gezählt. „Die Störche finden dort durch die Rieselfelder und die Mülldeponie in Watenbütel gute Bedingungen vor“, erklärt er.
Inzwischen bewohnen die großen Vögel nicht nur „Fertighäuser“ auf Dächern, Schornsteinen oder extra aufgestellten Masten, sondern sie errichten auch selbst sogenannte Wildbauten in Bäumen. Das sei in Ordnung, aber weitere fertige Nester anbieten sollte man nach den Vögeln derzeit Baumgarts Meinung nach nicht.
Nach Baumgarts Einschätzung wird die Entwicklung auch in den kommenden Jahren anhalten. „Viele Störche kehren als erwachsene Tiere dorthin zurück, wo sie geschlüpft sind“, erklärt er. Zudem gebe es auch anderorts ähnliche Entwicklungen und der Storch sei auf dem besten Wege, sich wieder flächendeckend zu verbreiten. „Und irgendwo müssen die zusätzlichen Tiere ja hin“, gibt Baumgart zu bedenken.
In den 1990er Jahren gab es im Landkreis Peine nur drei bis vier Nester. „Es wurde befürchtet, dass der Storch bei uns Anfang der 2000er Jahre ausgestorben sein wird. Das ist aber zum Glück nicht eingetreten. Insbesondere seit 2018 geht es rapide bergauf“, freut sich der Experte. Gründe dafür sind die Wahl anderer, sicherer Flugrouten oder gar der Verzicht auf weite Flugreisen.
Dadurch kehren die Vögel immer früher aus dem Winterquartier zurück. „In Harvesse war der erste Storch schon am 27. Dezember wieder auf dem Nest“, weiß Baumgart. Die Veränderungen sorgen dafür, dass die Tiere ausgeruhter sind und die Brutsaison länger wird.
Der Bruterfolg zeigt, dass es für die Störche ein recht gutes Jahr war. Optimal war es allerdings nicht: „Im nassen Winter sind viele Mäuse ertrunken. Mäuse sind aber als Nahrung sehr wichtig. Weil sie nicht in ausreichender Zahl zur Verfügung standen, hatten viele Jungstörche eine Störung im Gefiederwachstum und konnten zunächst nicht fliegen“, schildert der Storchenbeauftragte.
Viele der Tiere hätten es letztlich doch selbst geschafft, ihre Flugfähigkeit zu erreichen. Einige seien zum Aufpäppeln ins Artenschutzzentrum in Leiferde gebracht worden. Spätestens nach der nächsten Mauser sei dann alles in Ordnung.
Dass die Vogeleltern ihren Nachwuchs trotz der fehlenden Mäuse groß bekommen haben und diese nicht verhungert sind, lag daran, dass es besonders viele Regenwürmer gab. Für die Eltern ist es allerdings sehr viel mühsamer, ihre Kinder mit Regenwürmern zu füttern. Immerhin braucht ein Jungstorch bis zu ein Kilogramm Futter pro Tag. Um das zu erreichen, braucht es jede Menge Würmer.
Leider gab es auch einige traurige Begebenheiten. So wurde in Telgte ein Storch mit einem offenen Bruch am Bein in einem Swimmingpool aufgefunden. Er musste in Leiferde eingeschläfert werden. In Klein Lafferde hat eine Störchin vermutlich bei einem Unfall einen Genickbruch erlitten. Deren Junge waren schon kurz vor dem Abflug, die letzten Tage hat der Vater sie allein versorgt.
Eine Störchin in Schmedenstedt hatte vermutlich ebenfalls einen Unfall, sie ist aber danach wiedergekommen. „Allerdings ist sie nicht mehr weggeflogen, um Nahrung aufzunehmen. Letztlich ist sie wie in Trance zum Nestrand gegangen und heruntergefallen. Sie ist dann in Leiferde gestorben. Es wurde noch versucht, ihre Eier im Brutautomat auszubrüten, aber das hat nicht geklappt“, schildert Baumgart.
Es läuft insgesamt zurzeit gut für die Störche: Laut dem Naturschutzbund Nabu ist der Bestand der Weißstörche in Niedersachsen und Bremen gegenüber 2023 um zehn Prozent gewachsen. Für etwa 85 Prozent der bekannten Brutplätze liegen Daten vor, auf deren Basis die LAG Weißstorchschutz den Bestand auf 2.350 bis 2.400 Brutpaare beziffert. Die meisten Störche beherbergen Cuxhaven, die Wesermarsch, Verden und die Region Hannover.
Die Rückbesiedlung einiger über Jahrzehnte vom Storch verlassener Landstriche, vor allem im westlichen Niedersachsen wie Ostfriesland und Emden, schreitet weiter voran. Das Erfreuliche: Auch in Landkreisen mit bereits großen Beständen in den östlichen Landesteilen wachsen die Bestände weiter.
Landesweit flogen etwa 4.300 Jungstörche aus, im Vorjahr 2023 waren es über 4.100. Die LAG Weißstorchschutz sichtete zudem über 200 zusätzliche Storchenelternpaare. Der durchschnittliche Bruterfolg lag somit zwar etwas niedriger als 2023, mit etwa 1,8 Jungen pro Paar befindet er sich aber dennoch oberhalb des aus heutiger Sicht für den Bestandserhalt notwendigen Wertes.