Und dennoch geht es dem Igel in unserer Landschaft immer schlechter. Darauf weist der NABU Niedersachsen hin. Josefine Stangenberg, Leiterin der Regionalgeschäftsstelle des NABU in Südost-Niedersachsen zeigt sich sehr besorgt: „Der Igel, der als sehr anpassungsfähig galt, gerät allenthalben unter Druck. In einigen Bundesländern ist er sogar bis in die Vorwarnliste der Roten Liste der gefährdeten Arten vorgerückt! Das ist alarmierend.“
Josefine Stangenberg nennt Gründe: „Die Gefährdungen des Igels – die stets stellvertretend für viele andere Arten gesehen werden müssen – sind vielfältig: Das Hauptproblem ist die zunehmend ausgeräumte Landschaft, in der Hecken, Feldgehölze und Wegraine fehlen. Diese haben wir in den letzten Jahrzehnten in rapidem Tempo verloren. Wo nur noch Maiswüsten gähnen und der letzte Wegrain und die letzte Feldhecke schon lange weggepflügt wurden, finden Wildtiere wie der Igel weder Nahrung noch Unterschlupf. Deshalb zieht sich der Igel hierzulande immer weiter in die Siedlungen zurück“, betont Stangenberg und fügt an: „Der Weg zu einer naturverträglichen Landwirtschaft ist überfällig, das zeigt nicht nur der Igel, sondern zahllose andere Arten!“
Die NABU-Mitarbeiterin aus Salzgitter zeigt weitere Gefahren für den drolligen Stachelritter auf: „Sein Einigeln hilft ihm zwar gegen tierische Fressfeinde, aber nicht gegen Nahrungsmangel. Gerade in Gärten, Parks und Grünanlagen haben wir es in der Hand, für einen gedeckten Tisch zu sorgen, damit der Igel ausreichend Nahrung findet – er ist ein Kleinsttiergourmet.“ Dazu gehören nach ihren Worten Käfer und andere Insekten sowie deren Larven, Regenwürmer, Ohrwürmer und andere mehr.
Laub muss auch mal liegenbleiben dürfen; heimische Wildsträucher und Stauden sollten statt schöner, aber ökologisch nutzloser Exoten im Garten einen Platz finden. Und das Laub kann im Herbst hervorragend vom Igel genutzt werden, um es in sein Schlafnest zur Überwinterung hinein zu schieben“, rät Josefine Stangenberg. „Und genau hier kann auch jetzt bereits Hand angelegt werden, damit das nächste Jahr zum Igeljahr wird“, sagt sie. „Eine Igelburg ist sehr sinnvoll, darin können Igel Unterschlupf finden, die Jungigel zur Welt bringen oder den Winterschlaf halten.“ Baupläne für geeignete Igelburgen aus Holz gibt es beim NABU. Sie sollten an trockenen Stellen im Garten aufgestellt werden und mit etwas Reisig und Laub überdeckt werden.“
„Darüber hinaus ist es sehr wichtig, den Garten auf mögliche, bislang unentdeckte ‚Igelfallen‘ abzuschreiten, auch das Haus: Gibt es steile Teichufer, insbesondere bei Kunstteichen aus Kunststoff, über die hineingefallene Igel nicht mehr hinaussteigen können, sodass sie ertrinken? Ein Schicksal, das jährlich viele Igel erreicht. Gibt es offene Lüftungs- oder Kellerschächte, die noch nicht abgedeckt oder engmaschig verdrahtet sind? Oder große offene Gullys? Wichtig ist es auch, Igeln und anderen Kleinsäugern Zugang zum eigenen Garten oder Kleingarten zu ermöglichen: Leider werden immer öfter äußerst massive Zäune bis zum Boden gebaut, die ihnen den Zugang versperren“, beklagt Josefine Stangenberg.
Im Garten, Kleingarten, dem Park und anderswo kann viel für den kleinen Stachelritter erreicht werden, dem es immer schlechter geht: Schätzungen gehen davon aus, dass allein in Deutschland jedes Jahr bis zu einer Million Igel den grausamen Straßentod finden. „Zusammen mit der galoppierenden Ausräumung der Landschaft sind dies alarmierende Faktoren, die uns langfristig um den Igel fürchten lassen. Blicke in andere Länder, etwa nach Großbritannien, wo der Bestand seit dem Jahrtausendwechsel um mehr als die Hälfte zurückgegangen zu sein scheint, müssen auch uns klarmachen, dass es Zeit ist, umzusteuern. Das gilt auch für den rasanten Flächenverbrauch in Dörfern und Städten: Wo früher ein kleines Haus mit großem, artenreichem Garten stand, kommt heute oftmals der Bagger, räumt alles ab bis zum letzten Baum und Strauch und versiegelt große Teile; da finden sich dann dicke Autos, von exotischem Abstandsgrün kaschiert, wo einst alte Obstbäume standen – eine verheerende Entwicklung, auch Igel und Co, für Spitzmaus, Admiral-Falter und Eidechse, für Käfer und Rotkehlchen – und letzten Endes für uns alle,“ betont die Büroleiterin.
Der NABU in Lebenstedt hält dazu ausführliches Informationsmaterial bereit, in dem auch Baupläne für eine Igelburg und viele andere praktische Tipps zum Igelschutz zu finden sind. Dieses Paket kann angefordert werden gegen Einsendung von fünf Euro in Briefmarken bei der NABU-Regionalgeschäftsstelle Südost-Niedersachsen, Konrad-Adenauer-Straße 25, 38226 Salzgitter oder zu den Öffnungszeiten (dienstags 10 bis 12 und 13 bis 15 Uhr) erworben werden. „Auf dass 2025 und die weiteren gute Igeljahre werden“, hofft Josefine Stangenberg.