Die DPolG Niedersachsen setzt sich für die Einführung des sogenannten „Spanischen Modells“ ein, das auf elektronische Aufenthaltsüberwachung setzt. Mithilfe elektronischer Armbänder können Täter und Betroffene in Echtzeit überwacht werden. Die Idee dahinter: Sobald ein Täter sich einem festgelegten Sicherheitsradius nähert, wird Alarm ausgelöst.
„Dieses System hat sich in Spanien bewährt. Wer es trägt, wird nicht rückfällig“, erklärt Patrick Seegers, Landeschef der DPolG Niedersachsen. Angesichts steigender Zahlen häuslicher Gewalt sieht die Polizeigewerkschaft darin eine effektive Schutzmaßnahme. „Die bisherigen Maßnahmen reichen nicht aus. Wir brauchen neue Lösungen, um Opfer wirksam zu schützen“, warnt Seegers.
Auch im Landkreis Peine macht sich ein Trend steigender Anzeigenzahlen bemerkbar. Die Statistik zeigt, dass 2023 insgesamt 349 Fälle von häuslicher Gewalt angezeigt wurden. Mit 232 betroffenen Frauen liegt ihr Anteil dabei deutlich über der Hälfte. Im Durchschnitt musste die Polizei nahezu täglich aufgrund häuslicher Gewalt eingreifen.
Für das Jahr 2024 zeichnet sich laut Polizei Peine eine steigende Tendenz ab. Während in der Altersgruppe der 23- bis 25-Jährigen ein deutlicher Rückgang zu verzeichnen war, nahm die Zahl der angezeigten Fälle insbesondere in der Altersgruppe der 25- bis 30-Jährigen zu. Auch in den älteren Altersgruppen wurde ein leichter Anstieg registriert. Zudem ist ein besorgniserregender Zuwachs von Fällen häuslicher Gewalt bei Kindern und Heranwachsenden unter 23 Jahren zu beobachten. In den meisten Fällen richtet sich die Gewalt gegen Frauen oder Mädchen.
Polizeisprecher Malte Jansen bestätigt die Entwicklung: „Diese Steigerung kann verschiedene Ursachen haben. Neben einer realen Zunahme der Gewalt könnte auch das Anzeigeverhalten der Betroffenen eine Rolle spielen. Häusliche Gewalt ist oft ein schambehaftetes Thema, wodurch viele Fälle im Dunkelfeld bleiben.“
Ein erhöhtes Bewusstsein für das Thema könnte dazu beitragen, dass mehr Opfer sich trauen, Vorfälle zur Anzeige zu bringen. „Durch verstärkte Präventionsmaßnahmen kann die Hemmung weiter abgebaut werden“, erklärt Jansen.
Stefanie Weigand, Leiterin des Peiner Frauenhauses, unterstützt den Vorstoß der Polizeigewerkschaft grundsätzlich: „Wenn die Polizei zu einem Fall häuslicher Gewalt gerufen wird, kann sie den Täter für einen gewissen Zeitraum aus der Wohnung verweisen“, so Weigand. Diese Regelung der sogenannten Wegweisung finde relativ häufig Anwendung.
Doch reicht dieser Schutz oft nicht aus, weil Täter sich nicht davon abhalten lassen, wieder in die Wohnung zurückzukehren. Viele Frauen sind tagsüber beruflich oder mit den Kindern unterwegs und wüssten nicht, wenn der Verwiesene währenddessen die Wohnung betritt. „Ein elektronisches Armband würde hier mehr Sicherheit bieten“, betont Weigand.
Der erweiterte Einsatz von Bodycams bei Polizeieinsätzen in Wohnungen ist ein weiterer Vorschlag seitens der Polizeigewerkschaft. „Unsere Kolleginnen und Kollegen werden immer wieder mit massiver Gewalt konfrontiert. Die Bodycam hilft nicht nur bei der Beweissicherung, sondern schützt auch die Einsatzkräfte“, erklärt Seegers.
In Peine sind Polizeibeamte in den meisten Fällen mit dieser Technik ausgestattet. Der Einsatz der Kameras unterliegt jedoch klaren gesetzlichen Vorgaben. Die Bodycam muss offen getragen werden und darf nicht versteckt sein. Zur Kennzeichnung tragen diese Beamten ein Klett-Abzeichen mit der Aufschrift „Videoaufzeichnung“.
Zudem sind sie in den meisten Fällen verpflichtet, eine bevorstehende Aufnahme anzukündigen – etwa mit der Warnung „Stopp, sonst filme ich!“. Eine Ausnahme besteht, wenn eine akute Gefahrensituation vorliegt. In diesem Fall kann die Aufzeichnung ohne vorherige Ankündigung erfolgen.
Die Polizeigewerkschaft fordert weiterhin eine bessere personelle Ausstattung der Polizei, um Maßnahmen wie elektronische Aufenthaltsüberwachung effektiv umzusetzen. „Sicherheit gibt es nicht zum Nulltarif“, betont Seegers.