Brandanschlag Schäferstraße:
Täter auf Video zu sehen
Überwachungskameras zeichnen auf, wie zwei maskierte Männer Molotow-Cocktails werfen

Wegen der mutmaßlichen Brandstiftung in der Schäferstraße müssen sich sechs Angeklagte vor dem Landgericht Hildesheim verantworten.Foto: BETTINA REESE
Peine/Hildesheim. Zweimal flogen im vergangenen Jahr Molotow-Cocktails auf das Haus an der Peiner Schäferstraße und lösten Brände aus. Den Auftrag dazu soll laut Anklage der Vermieter, ein 36-jähriger Ilseder Bauunternehmer, gegeben haben, da die Mieterin sich weigerte auszuziehen und damit einem Bauvorhaben im Wege stand. Dem Unternehmer werden Kontakte zu Männern nachgesagt, die zum Umkreis der Rocker-Gruppierung Hells Angels gehören und die Brandsätze geworfen haben sollen. Insgesamt sitzen auf der Anklagebank im Landgericht Hildesheim sechs Männer (27 bis 51 Jahre).Nachdem im Dezember 2023 ein großer Stein durch ein Wohnzimmerfenster geworfen wurde, hatte die Familie der 74-jährigen Mieterin an der Schäferstraße Überwachungskameras am Haus installiert. Auch eine Sirene wurden außen angebracht, die die gehbehinderte
74-jährige Mieterin per Fernbedienung auslösen konnte. Mehrere Infrarotkameras sowie eine Farbkamera zeichneten permanent auf, was sich am Haus abspielte. Nach Drohungen des Vermieters sollten die Kameras potenzielle Angreifer abschrecken.

Am frühen Morgen des 9. Mai 2024, gegen 4.09 Uhr zeichneten die Kameras einen Brandanschlag auf das Haus aus verschiedenen Perspektiven auf: Zu sehen sind zwei maskierte Männer, die sich dem Haus nähern und vom Fußweg vor dem Haus jeweils einen Brandsatz auf das Haus werfen. Sofort ist ein greller Feuerschein zu sehen. Wenig später sieht man einen Sohn der 74-jährigen Mieterin, wie er brennende Gegenstände auf den Rasen in den Vorgarten wirft und sie dort abbrennen.

Auf einer anderen Sequenz ist ein blauer Volvo auf der Straße zu sehen, aus denen die mutmaßlichen Täter gestiegen sind. „Bei unserer Spurensuche fiel auf, dass die Fahrzeug-Identifikations-Nummer nicht zu dem Kennzeichen passte“, sagte eine Polizeibeamtin der Inspektion Salzgitter/Peine/Wolfenbüttel als Zeugin aus. Das Lüneburger-Kennzeichen stamme von einem bereits verschrotteten Fahrzeug. Der Nutzer des Volvos soll der 51-jährige Angeklagte sein. „Der 51-Jährige wurde in einer Villa in Hannover festgenommen, die von Angehörigen der Hells Angels genutzt wird“, sagte die Polizeibeamtin vor Gericht. Der als Tatfahrzeug identifizierte Volvo und Bekleidungsstücke des 51-Jährigen wurden in der Villa aufgefunden und sichergestellt.

Nach der Tat hatten die Ermittler Kontakt zu Tankstellen in der Umgebung aufgenommen und Videosequenzen aus dem Tatzeitraum angefordert. Sie wurden fündig: Auf einer Tankstelle, die rund einen Kilometer vom Tatort an der Schäferstraße entfernt liegt, ist auf einem Überwachungsvideo noch vor dem Brandanschlag ein blauer Volvo zu sehen. Gut zu erkennen ist, dass der Beifahrer aussteigt und am Nachtschalter Getränke kauft. Er trug eine dunkle Jacke mit heller Aufschrift „Black Lions MC“, die auf einen Motorrad-Club in Nordrhein-Westfalen hinweist. „Der Mann hat irgendetwas im Gesicht, Tattoos oder Schmutz“, sagte ein 61-jähriger Beamter aus dem Fachkommissariat Forensik der Polizei. Es könnte jedoch nur ein Zufall sein, dass der 34-jährige Angeklagte im Gesicht voll tätowiert ist.

Akribisch haben sich die Beamten alle Videos angesehen - und Dinge markiert, die auf den Überwachungsvideos am Haus und an der Tankstelle identisch sind: die Dachreling am Volvo, gleiche Art von Leichtmetallfelgen, die kleine Antenne auf dem Autodach. Auf einem Videoprint ist den Beamten aufgefallen, dass trotz der Maskierung eine kleine Beule auf dem Hinterkopf eines Täters zu erkennen ist. „Es sieht so aus, als ob der Täter einen Zopf getragen hat“, so der 61-jährige Ermittler weiter. Der 51-jährige Angeklagte trägt am Hinterkopf einen geflochtenen Zopf - auch das mag Zufall sein.

Bei der Größenbestimmung der Täter hatten die Ermittler Probleme, da ihr genauer Standort beim Wurf der Molotow-Cocktails von einem Holzzaun verdeckt war. Was sie aber sagen können: Einer der Täter ist kleiner ist als der 1,76 Meter große Ermittler. Der andere Täter ist größer als der 1,78 Meter große Kollege des 61-Jährigen. Auch hier mag es Zufall sein, dass der 34-jährige Angeklagte 1,65 Meter groß ist und der 51-Jährige wesentlich größer ist als er. Um zu zeigen, dass die am Haus installierten Infrarotkameras schwarze Kleidung als Weiß darstellen, haben die Ermittler die Kleidung der vermeintlichen Täter Schaufensterpuppen angezogen und sie am Tatort gefilmt.

Am kommenden Montag wird der Prozess mit der Vernehmung weiterer Zeugen fortgesetzt.

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