Der Mann wurde schwer verletzt. Die Bundespolizei berichtete, dass der 55-Jährige Teile seines Beines verlor. Ersten Erkenntnissen zufolge hatte er mit weiteren Personen zunächst zusammen auf dem Bahnsteig gestanden. Als Getränkedosen herunterfielen, soll der Mann ins Gleisbett gestiegen sein, um dort die Pfanddosen wieder einzusammeln. Dabei soll er gestolpert und hingefallen sein. In diesem Moment sei eine einzelne Lokomotive gekommen, die den Mann erfasste.
Mitarbeiter der Peiner Stadtwache im Bahnhofsgebäude hatten das mehrfache laute Hupen des Lokomotivführers gehört und waren nach draußen geeilt. Mehrere Notrufe gingen ein.
Zuerst eingetroffene Polizisten und Mitarbeiter vom Ordnungsdienst der Stadt Peine leisteten bis zum Eintreffen von Notarzt und Sanitätern Erste Hilfe. Die Feuerwehr barg das Opfer schließlich aus dem Gleisbett, erläuterte Daniel Ruhland, der Einsatzleiter der Kernstadt-Wehr. Auch der Rettungshubschrauber Christoph 30 war alarmiert worden und landete auf dem Schützenplatz. Der Schwerverletzte wurde aber im Rettungswagen ins Klinikum nach Braunschweig gefahren. Konnte er erfolgreich notoperiert werden oder schwebt er in Lebensgefahr? Über seinen aktuellen Zustand konnte die Bundespolizei am Donnerstag noch keine Informationen geben.
Ein Notfallseelsorger kümmerte sich um den Lokomotiv-Führer. Zu den genauen Hintergründen des Unfalls ermittelt die Polizei weiter.
Der Einsatzort am Bahnhof war großflächig mit Flatterband abgesperrt, viele Schaulustige hatten sich eingefunden. Einige musste die Polizei von der Fußgängerbrücke vertreiben und dazu aufrufen, keine Handy-Aufnahmen zu machen. Die Polizei leitete in einem Fall sogar ein Strafverfahren gegen einen Handy-Filmer ein. Die Möglichkeit dazu gibt der Paragraf 201a des Strafgesetzbuches. Dort ist geregelt, dass die Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs und von Persönlichkeitsrechten durch Bildaufnahmen mit Geldstrafen und sogar mit Freiheitsstrafen bis zu zwei Jahren geahndet werden kann. „Auch Opfer haben ein Recht auf Privatsphäre“, betonte Peines Polizei-Sprecher Malte Jansen.
Die für Berufspendler wichtige Bahnstrecke zwischen Braunschweig und Hannover musste am Mittwoch für rund anderthalb Stunden gesperrt werden. Nach Angaben der Bundespolizei waren 15 Züge davon betroffen, es sammelten sich zusammengerechnet 420 Minuten Verspätung an. Sechs Züge seien umgeleitet worden, zwei konnten nicht ihre geplante Gesamtstrecke fahren. Gegen 18.40 Uhr war die Bahnstrecke über Peine wieder freigegeben.
Aufgrund des Vorfalls richtete die Bundespolizei einen eindringlichen Appell an Personen, die sich auf Bahnhöfen oder in der Nähe von Bahngleisen aufhalten. „Generell bedeutet Bahnverkehr immer eine Lebensgefahr“, mahnte Bundespolizei-Sprecher Kevin Müller. An Bahnsteigkanten gelte es, besonders vorsichtig zu sein, ein kleiner Moment der Unachtsamkeit könn lebensgefährlich sein. Und Bahngleise dürften niemals betreten werden.
Daran halten sich jedoch auch nicht alle Peiner. Trotz Fußgängerbrücke und Unterführung - „wir haben es leider noch regelmäßig, dass am Bahnhof über die Gleise gelaufen wird“, moniert ein Mitarbeiter der Stadtwache. Wer erwischt wird, wird angesprochen und bekommt ein Bußgeld von 20 Euro aufgebrummt. Muss sogar ein Zug bremsen, weil jemand leichtsinnig über die Gleise läuft, wird es dagegen nicht nur richtig teuer: „Das ist eine Straftat“, betont der Stadtwache-Mitarbeiter. Im Strafgesetzbuch ist das unter dem Paragrafen 315 als gefährlicher Eingriff in den Bahnverkehr geregelt. Und: Bahn-Unternehmen können mitunter sogar Schadenersatz für Verspätungen oder Ausfälle fordern.