Familiensache Schaustellerei: Festplätze sind ihr Zuhause
Erstmals beim Freischießen dabei: Seit drei Generationen zieht Familie Krakor
mit Fahrgeschäft und Wohnwagen von Feier zu Feier

Zum ersten Mal in Peine beim Freischießen dabei: Schausteller Renato Krakor.Foto: Bettina Reese.
Peine. Renato und Nancy Krakor leben dort, wo andere feiern: Sie sind Schausteller in dritter Generation und leben in ihrem Wohnwagen, meist in unmittelbarer Nähe zu den Festplätzen. Mit ihrem Fahrgeschäft, der Ballonfahrt, waren sie zum ersten Mal in Peine. Ansonsten ziehen sie quer durch Deutschland. Vom Freischießen zur Rheinkirmes, vom Hamburger Dom zum Bad Dürkheimer Wurstmarkt. Bis Dienstag waren noch beim Freischießen - in der Nacht zum Mittwoch ging es gleich weiter zur Rheinkirmes nach Düsseldorf. Wie immer transportierte Renato mit dem Lastwagen das Fahrgeschäft, Ehefrau Nancy mit dem Sprinter den Acht-Meter-Wohnwagen.

Egal, wo der 35-jährigen Renato Krakor hinfährt - er trifft fast überall auf Verwandtschaft. Auch in Peine war das so: Eine Schwester hatte hier mit ihrer Familie einen Stand mit gebrannten Mandeln, eine Cousine war mit Mann und drei kleinen Kindern in Peine, ihr gehört ein Imbisswagen. „Alle Schausteller sind eine große Familie“, fügt Ehefrau Nancy hinzu. Blutsverwandtschaft spielt dabei keine Rolle. „Wir sagen zu allen älteren Onkel und Tante“, sagt sie. Der Zusammenhalt unter den Schaustellerfamilien ist beiden wichtig: Man kennt sich, man schätzt sich, und man hilft sich gegenseitig. Deshalb sammeln sie auch Spenden zur Erforschung der Nervenkrankheit ALS (Amyotrophe Lateralsklerose), an der eine Freundin erkrankt ist.

Renato Krakor stammt aus einer Schaustellerfamilie - er ist die dritte Generation. Für ihn ist es ganz normal, auf Achse zu sein. „Ich kenne das gar nicht anders. Ich bin mit meinen Geschwistern im Wohnwagen aufgewachsen”, sagt der Schausteller. Immer wieder hieß es für ihn in eine neue Schule zu gehen - manchmal nur für ein paar Tage. „Die Schulzeit war schwierig“, sagt Renato Krakor heute. Aufgefallen ist den Lehrern meist, dass die Schaustellerkinder viel selbstständiger waren als andere.

„Wir Kinder mussten aufeinander aufpassen, wenn unsere Eltern gearbeitet haben“, erklärt der 35-Jährige. Wenn die Familie nicht umhergezogen ist, waren sie in Versmold (Nordrhein-Westfalen), wo Renato zeitweise aufgewachsen ist. Seine Großeltern haben dort ein Haus, der Stammsitz der Schaustellerfamilie.

Auch die Eltern der 35-jährigen Nancy sind mit Wohnwagen und Kinderkarussell durch Deutschland und Österreich gezogen - Nancy und Bruder Carlo immer dabei. Ihre Eltern leben mittlerweile in einer Wohnung in Hamburg. Ihrem Vater Peter Heidkamp gehört das Fahrgeschäft, das sie mit ihrem Ehemann betreibt. Ihr Vater ist zuständig für neue Aufträge. „Er kümmert sich um die Bewerbungen und plant unsere Einsätze“, so Renato Krakor.

Gern sind sie beim Frühlings-, Sommer- und Winterdom in Hamburg. Da jeder Dom mehrere Wochen dauert, haben sie weniger Auf- und Abbauarbeiten zu leisten. Außerdem besitzen sie dort eine Halle, in der im Januar und Februar ihr Wohnwagen untergestellt wird. Wenn die Familie auf dem Hamburger Dom sind, treffen sie meist auch Nancys Bruder - ebenfalls Schausteller.

Auf dem Dom betreibt Vater Peter Heidkamp meist die Ballonfahrt, Nancy verkauft Bratwürste vom Schwenkgrill, Renato unterhält eine Imbissbude. Immer mit dabei: ihr 17-jähriger Sohn Symon. Mit ihm steht bereits die vierte Generation in den Startlöchern. Auch Symon musste wie seine Eltern viele Schulen besuchen - hauptsächlich ist er aber in Hamburg unterrichtet worden. Da Symon noch schulpflichtig ist, besucht er eine Berufsschule für Schaustellerkinder. Dort lernt er viele handwerkliche Dinge, die er als zukünftiger Schausteller wissen muss: Schweißen und Lackieren gehören dazu. Bestens vorbereitet kann Symon dann in die Fußstapfen seiner Eltern treten.

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