Das Schützenhaus-Schlamassel des SV Meerdorf ist eine Geschichte zwischen Riesen-Pech und Riesen-Hilfsbereitschaft. Der Bau auf einem Erbpacht-Grundstück wurde dem Verein mit seinen rund 160 Mitgliedern zum Verhängnis. Der Vereinsvorsitzende Andreas Gent hat stressige Monate hinter sich, der Fall nagt an ihm: „Wer mich zuletzt vor einem halben Jahr gesehen hat, der erkennt mich nicht wieder“, sagt er. Er hat beim Landesschützen-Verband vorgesprochen, beim Landes- und Kreissportbund nach Förder-Möglichkeiten für die verzwickte Lage gefragt. Doch: „Ein Kauf eines bestehenden Vereinsheims ist nicht förderwürdig, dieses Szenario ist nirgends vorgesehen“, bedauert Gent.
Weil die Erbpachtgeberin in die Insolvenz geschlittert ist, muss der Schützenverein Meerdorf sein eigenes Vereinsheim nebst Grundstück aus der Insolvenzmasse erwerben. Der Preis inklusive Kauf-Nebenkosten beträgt circa 60.000 Euro. Geld, das der Verein nicht hat und deshalb einen Spendenaufruf gestartet hat. „Als gemeinnütziger Verein dürfen wir keine Rücklagen bilden. Zudem haben wir immer wieder Investitionen getätigt“, merkt Gent an.
Ein rückprallsicherer Gummi-Fußboden etwa musste im Schützenhaus verlegt werden, eine Videoanlage wurde installiert, Trainingswaffen und Lichtgewehre für die Jugend wurden gekauft. Auf seine 50-Meter-Schießbahn ist der SV Meerdorf stolz. „Sie ist fast ein Alleinstellungsmerkmal im Landkreis Peine. Hier kann auch Groß-Kaliber geschossen werden“, erläutert der Vorsitzende.
Weil der Verein auch deshalb so einen guten Zulauf hat, hat er vor der Tiefschlag-Nachricht sogar überlegt, den Versammlungsraum zu erweitern. „Aber davon mussten wir Abstand nehmen, jetzt geht es um den Erhalt des Vereins“, betont Gent.
Die erste Resonanz auf den Spendenaufruf hat ihn gerührt. „Sogar Menschen, von denen ich noch nie gehört habe, haben uns kontaktiert. Es gibt ja bei vielen die Wahrnehmung, jeder denkt nur noch an sich selber. Hier erlebe ich gerade etwas ganz anderes“, stellt der Schützenverein-Chef bewegt fest. Ob Ortsrat, die Junggesellen, andere Meerdorfer Vereine, die eigenen Mitglieder – alle wollen irgendwie helfen. Doch: „Es reicht noch nicht“, sagt Gent. Aber er sei inzwischen optimistisch, dass das kleine Schützenhaus-Wunder doch noch gelingen kann.
Die verzwickte Lage hat auch eine verzwickte Vorgeschichte. 1990 wurde der Schützenhaus-Neubau eingeweiht. Gebaut wurde auf einem Erbpachtland. Der Verein zahlte der Grundstücksbesitzerin eine jährliche Pacht. Bis 2010 lief alles am Schnürchen, dann gab es eine erste gewerbliche Insolvenz der Erbpachtgeberin.
Es hieß, das Flurstück, auf dem das Schützenheim steht, sei aus der Insolvenzmasse herausgenommen und verkauft worden. „Davon waren wir zumindest bis vor kurzem fest ausgegangen“, betont Gent. Denn es gab eine schriftliche Mitteilung vom vermeintlich neuen Besitzer, der Verein zahlte die jährliche Pacht, rund 600 Euro, an ihn. „Wir haben uns das von der Erbpachtgeberin schriftlich geben lassen und unter Zeugen bestätigen lassen“, sagt Gent. Der Schock folgte Anfang 2024.
Ein Insolvenzverwalter habe sich per Post gemeldet und mitgeteilt, dass die Erbpachtgeberin Privatinsolvenz angemeldet habe und die Pacht nun auf das Konto des Insolvenzverwalters überwiesen werden sollte. „Danach war Funkstille, wir haben lange nichts gehört.“ Bis im Oktober die Androhung der Zwangsräumung vom Insolvenzverwalter kam. „Als Ehrenamtliche sind wir nicht mehr weitergekommen, wir haben uns dann anwaltliche Hilfe geholt“, erläutert Gent.
Der Verein sah keine andere Möglichkeit mehr, als sein eigenes Schützenheim zu kaufen. Doch die Preisvorstellungen klafften zunächst weit auseinander. „Wir hatten gedanklich schon abgeschlossen“, gibt Gent zu. Doch nach Verhandlungen wurde zumindest einem Kaufangebot von 50.000 Euro zugestimmt.
Der Schützenverein Meerdorf hofft auf ein Happy End. Und der ganze Ort fiebert mit. Denn: „Bei uns werden auch die Schützenkönige des Volksfests ausgeschossen. Andere Vereine nutzen das Schützenhaus als Versammlungsraum“, erläutert Gent. „Es wäre ein sehr großer Verlust, wenn es das Schützenhaus nicht mehr gäbe.“