Hans-Hermann Baas hatte sein Leben von 1986 bis 2016 als Bürgermeister der Gemeinde Lengede in den Dienst politischen Engagements gestellt. Doch auch nach seinem Ausscheiden aus der Politik zeigt sich der heute 77-Jährige engagiert.
In einem offenen Brief an seinen SPD-Parteifreund Lars Klingbeil lässt er seiner Enttäuschung freien Lauf. Der Hintergrund: ein Ausbleiben der Stromsteuersenkung für private Haushalte.
Im Koalitionsvertrag wurde eine solche Steuersenkung als Soforthilfemaßnahme für alle Verbrauchergruppen angekündigt. Darunter produzierendes Gewerbe, das Handwerk, Land- und Forstwirtschaft, aber eben auch Privatverbraucher.
Letztere wurden jedoch in den bisherigen Schritten nicht berücksichtigt. Warum? Das versucht Klingbeil in seiner Antwort auf den offenen Brief nun zu erläutern. So würde eine Ausweitung der Steuersenkung auf alle Bürger mit Haushaltskosten von etwa 5,4 Milliarden Euro im Jahr einhergehen - Summen, die angesichts der aktuellen Haushaltslage nicht darstellbar seien.
Er habe zwar einen konkreten Vorschlag gehabt, um eine Stromsteuersenkung für alle nichtsdestotrotz realisieren zu können. So hätte er vorgeschlagen, Zinsausgaben für Verteidigungskredite von der Schuldenbremse auszunehmen. Eine solche Maßnahme sei jedoch von Seiten des Koalitionspartners CDU/CSU abgelehnt worden.
Stattdessen verweist der Vizekanzler aus Soltau auf alternative Maßnahmen, die er im Zuge der Entlastung privater Haushalte mit durchgesetzt habe: darunter eine Senkung der Netzentgelte zur Regulierung der Strompreise und die Schaffung einer Gasspeicherumlage.
Und er geht in seiner Kalkulation weiter: Mit einer finanziellen Entlastung von etwa 100 Euro pro Jahr für eine vierköpfige Familie, würden die bisher getroffenen Schritte den Nutzen einer Stromsteuersenkung gar überbieten. Mit dieser könnte Klingbeil zufolge lediglich eine Kostenreduktion von 70 bis 80 Euro ermöglicht werden.
Aus dem Schriftwechsel der beiden wird deutlich: Es geht um mehr als nur einzelne politische Maßnahmen. So hatte SPD-Mitglied Hans-Hermann Baas den dringenden Appell formuliert, den Haushaltsentwurf diesbezüglich bis spätestens zum Januar 2026 zu korrigieren, um einem weiteren politischen Vertrauensverlust entgegenzuwirken.
Dabei hat er auch auf das bundesweite Umfragetief der Sozialdemokraten verwiesen. Aus Sicht des ehemaligen Lengeder Bürgermeisters „ist das als Ausdruck fehlenden Vertrauens zu werten“. Und das möglicherweise nicht zuletzt aufgrund nicht eingehaltener Versprechen.
Lars Klingbeil betont hingegen sein Bekenntnis zu den in seinen Worten „sozialdemokratischen Kernprojekten“. Als Teil derer nennt er unter anderem eine Sicherung des Rentenniveaus, gesteigerte Tarifbindung, den Kampf gegen Steuerbetrug und die Stärkung der Betriebsrenten.
So oder so: Die Stromsteuersenkung für alle - einschließlich privater Haushalte - bleibt das Ziel von Hans-Hermann Baas. Es wird sich zeigen, ob und inwiefern dieses Ziel zeitnah realisiert wird oder ob weitere Briefe aus Lengede ihren Weg nach Berlin finden werden.