Zum Auftakt sprach die ehemalige Siemens-Vorständin und Bestsellerautorin Janina Kugel über die Herausforderungen moderner Führung. „Führung bedeutet heute nicht mehr vorzugeben, sondern zu ermöglichen“, betonte sie. Führungskräfte müssten den Kopf nutzen, um Szenarien zu entwickeln, das Herz, um Menschen zu begeistern, und die Hände, um Ideen umzusetzen. Sie warnte zugleich vor einer wachsenden Entfremdung zwischen Mitarbeitenden und Arbeitgebern: Fast 80 Prozent der Beschäftigten machten nur noch „Dienst nach Vorschrift“, fast die Hälfte denke an einen Jobwechsel. „Das ist ein Weckruf für Unternehmen: Vertrauen, Freiräume und eine Kultur, die Menschen ernst nimmt – das sind heute zentrale Führungsaufgaben“, so Janina Kugel.
Außer den Keynotes und Fachvorträgen war es vor allem die wirtschaftspolitische Dimension, die dem Tag Nachdruck verlieh. AGV-Hauptgeschäftsführer Lars Alt machte deutlich, dass die deutsche Industrie in einer schweren strukturellen Krise steckt: „Die deutsche Produktion gerät auch jenseits der Automobilbranche zunehmend unter Druck. Unsere Leitindustrien verlieren weiter an Boden im globalen Vergleich, Auftragseingänge, Auslastung und Umsätze weisen auf schwere Jahre für die deutsche Industrie hin – kurz: Der Standort befindet sich in einer handfesten Wettbewerbskrise.“ Lars Alt erinnerte daran, dass allein seit 2019 rund 250.000 Industriearbeitsplätze in Deutschland verloren gegangen seien – davon 50.000 im Automotive-Bereich und ein erheblicher Teil in der Region. „Die Krise nimmt gerade erst Fahrt auf – und sie kommt bei uns zuerst an.“
Mit Blick auf die lange Schwächephase der deutschen Wirtschaft forderte der AGV-Hauptgeschäftsführer entschlossenes Handeln der Politik: „Wir haben es nicht mit einer konjunkturellen Delle, sondern mit einer strukturellen Krise zu tun. Wir erwarten deshalb, dass im angekündigten Herbst der Reformen endlich geliefert wird.“ Sein Fazit fiel deutlich aus: Deutschland sei im Ranking der internationalen Wettbewerbsfähigkeit zwischen 2014 und 2024 von Platz 6 auf Platz 24 abgestürzt. „Nichts ist wichtiger als eine ökonomische Zeitenwende. Unsere Unternehmen sind intakt – aber der Staat ist es nicht.“
Auch darüber hinaus spiegelte das Programm die großen Zukunftsfragen wider: Dr. Julian Stahl (i-unit group) beleuchtete die Lage des Arbeitsmarktes, Alexander Broch (Statista) stellte Kriterien der Arbeitgeberattraktivität vor, und Lars Kuhn (kuhn+partner INGENIEURE) warb für mehr Gestaltungsfreude in Zeiten des Wandels. Michael Kerschensteiner (Volkswagen AG) betonte die Bedeutung stabiler Lieferketten, während Holger Kämmerer (ATD Systemhaus) über Resilienz in Krisenzeiten sprach. Mit praktischen Impulsen zu Smart Buildings, KI-Recruiting und Ladeinfrastruktur präsentierten die AGV-Mitglieder Gingco Systems, TEQYARD und Wattif Europe konkrete Innovationen.
Ergänzt wurde das Programm durch einen Unternehmer-Marktplatz, auf dem sich kleine und mittelständische Unternehmen präsentierten. Mit dem neu geschaffenen Treffpunkt U-Connect bot der U-Tag außerdem eine Plattform für Austausch und Kooperation. Besonders die Newcomer-Ecke machte es erstmaligen Gästen leicht, Kontakte zu knüpfen. „Der U-Tag 2025 machte deutlich: In unserer Region sind Krisen zwar meist zuerst spürbar – zugleich zeigt sich hier die besondere Gestaltungskraft einer starken Industrie, exzellenter Forschungseinrichtungen und eines innovativen Mittelstands“, schreibt der AGV. Der U-Tag sei nicht nur Gradmesser der regionalen Wirtschaft, sondern auch wichtiger Impulsgeber für die Zukunft der Industrie in der Region38.