Mit 66 Jahren möchte Ilka Fahldieck sich nun zur Ruhe setzen. „Einen Nachfolger für eine Praxisübernahme zu finden, ist heute generell schwer. Besonders kleine Hausarztpraxen sind nicht mehr attraktiv“, sagt die Medizinerin. Viele jüngere Kolleginnen und Kollegen entschieden sich auch aufgrund ihrer eigenen Lebenssituation für die Vorteile einer Anstellung in einem größeren Team mit geregelten Arbeitszeiten und weniger Verwaltungsaufwand.
Fahldieck hatte lange nach einer Lösung gesucht. „Etwa zwei bis drei Jahre, weil ich vorhatte, 2025 oder 2026 aufzuhören“, berichtet sie. Die Hoffnung auf eine direkte Nachfolge habe sie fast aufgegeben.
So wie ihr geht es inzwischen vielen Kollegen. Viele Medizinerinnen und Mediziner aus Kliniken scheuten den Schritt in die Selbstständigkeit – „nicht wegen der Medizin, sondern wegen regulatorischer und betriebswirtschaftlicher Herausforderungen wie Praxisführung, Abrechnung und unternehmerischer Verantwortung“, sagt der Peiner Allgemeinmediziner und Vorsitzende des Peiner Ärztevereins, Dr. Christian Pabst.
Er fordert daher Rahmenbedingungen, die die Niederlassung als Hausarzt attraktiver machen: Entlastung von Bürokratie, Unterstützung beim Praxiseinstieg und starke kommunale Angebote. „Gerade hier muss sich Peine attraktiv positionieren, um im Wettbewerb zwischen Hannover und Braunschweig bestehen zu können“, betont er. „Die Stadt bietet viel Lebensqualität in grüner und kinderfreundlicher Umgebung, doch dies muss sichtbar gelebt werden, damit Ärzte aus Großstädten für den Landkreis gewonnen werden.“
Ausdrücklich begrüßt Pabst, dass es für den Landkreis Peine seit Kurzem eine Niederlassungsförderung gibt. Damit wird die Neugründung von Praxen finanziell unterstützt - ein Vorgehen, das mittlerweile in vielen Landkreisen üblich sei.
Der Vorsitzende der Peiner Ärzteschaft ist überzeugt: „Der Hausarztberuf bleibt attraktiv: Er bietet Nähe zu den Menschen, langfristige Betreuung, Gestaltungsspielraum und eine sichere finanzielle Situation, da die Kassenärztliche Bundesvereinigung die Honorare zuverlässig und pünktlich auszahlt.“
Eine wichtige Rolle bei der haus- und fachärztlichen Versorgung im Landkreis Peine spiele das Klinikum Peine, das mittlerweile wieder in Trägerschaft des Landkreises steht. Aktuell wird über dessen Neubau, Ausrichtung und Größe diskutiert.Das Krankenhaus an der Virchowstraße sei nicht nur für die Versorgung wichtig, sondern auch ein Ort der Aus- und Weiterbildung: „Junge Medizinerinnen und Mediziner können hier eine solide Ausbildung erhalten und im Rahmen der Facharztweiterbildung auch die ambulante Versorgung kennenlernen. So lassen sich Nachfolgerinnen und Nachfolger für die hausärztliche und fachärztliche Versorgung im Landkreis gewinnen“, führt Pabst aus.
Zwar besteht derzeit im Landkreis Peine nach Berechnungen der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) noch ein über 95-prozentiger Versorgungsgrad, statistisch betrachtet also kein Hausärztemangel. Dennoch sind Pabst zufolge bereits rund zehn Hausarztsitze unbesetzt, und „aufgrund der Altersstruktur vieler Kolleginnen und Kollegen ist absehbar, dass in den kommenden zehn Jahren viele Ärzte in den Ruhestand gehen werden“. Für Peine könne somit eine zukünftige Unterversorgung prognostiziert werden.
Für die Praxis von Ilka Fahldieck wurde schließlich doch noch ein Nachfolger gefunden, die Räume werden weiter genutzt: Allgemeinmediziner Pabst übernimmt den Standort und eröffnet dort am 5. Januar 2026 eine Zweigpraxis seiner bestehenden Praxis im Ärztezentrum Peine.
„Eine räumliche Erweiterung am Hauptstandort war leider nicht möglich. Da die Praxis von Frau Fahldieck in einem sehr gepflegten und ansprechenden Zustand ist, habe ich mich entschieden, die Räume weiter zu nutzen“, erklärt er.
Sein Team sei in den vergangenen Monaten verstärkt worden, und ein Großteil des Teams aus der Praxis Fahldieck könne übernommen werden, sodass nun die Kapazität vorhanden sei, den Standort in Peine-Horst zu versorgen.
Dr. Carolin Fischer und Pabst selbst werden die Patientinnen und Patienten künftig hauptverantwortlich betreuen. Fischer, ebenfalls Fachärztin für Allgemeinmedizin, gehört bereits zum Team und vertritt aktuell Dr. Annekatrin Wiedemann, die sich in Elternzeit befindet. Darüber hinaus sei geplant, eine weitere Ärztin einzustellen, um die Versorgung vor Ort weiter zu stärken. Für die scheidende Hausärztin Ilka Fahldieck ist die Lösung ideal: „Ich bin sehr glücklich, dass meine Patientinnen und Patienten auch künftig gut und kompetent weiterbehandelt werden“, sagt sie.
Vor der Wiedereröffnung sollen die Räume renoviert und neu gestaltet werden. Ab Januar 2026 will man die medizinische Versorgung dann nahtlos weiterführen.