Arbeitspflicht:
Ausgrenzung oder Chance?
„Linke“ und CDU äußern sich zur Arbeitspflicht –
„Linken“-Chefin Heidi Reichinnek spricht von einem „Skandal“

Carsten Lauenstein ist Landratskandidat der CDU Peine. Foto: Frank Vollmer
Peine. Kontroverse Debatte: Der Peiner Kreistag hat am 1. Oktober beschlossen, Asylbewerber im Landkreis Peine zur Arbeit zu verpflichten. Dies hat Streit hervorgerufen, auch Heidi Reichinnek, Fraktionsvorsitzende der „Linken“ im Bundestag, äußert sich zu dem Beschluss.

„Der gemeinsame Beschluss von CDU, FDP und AfD im Kreistag Peine ist ein Skandal. Eine Arbeitspflicht für Geflüchtete einzuführen, bedeutet nichts anderes als Ausgrenzung und Entrechtung. Arbeitszwang ist mit einer menschenwürdigen Asylpolitik unvereinbar. Die Linke lehnt dieses Vorgehen entschieden ab“, hebt Reichinnek hervor. Sie fordert, dass anstatt über einen Arbeitszwang über das Recht auf Arbeit, aber auch einen fairen Lohn gesprochen werden müsse. Eine Aufwandsentschädigung von 80 Cent pro Stunde sei nicht vertretbar.

Dafür sei es wichtig, die Bürokratie zur Erlangung der Arbeitserlaubnis möglichst einfach zu gestalten. „Dabei muss ebenfalls der gesetzliche Mindestlohn gelten, um Existenzsicherung und Integration wirklich zu gewährleisten“, erklärt Jakob Ole Lenz, Kreisvorsitzender der „Linken Peine“, weiter.

Menschen, die ohnehin am Existenzminimum leben, bei Ablehnung der Zwangsarbeit weiter Leistungen kürzen zu wollen, ist ebenfalls moralisch verwerflich. Menschen keinen Zugang zum Arbeitsmarkt zu bieten, verfehle das Ziel der Integration, so die „Linken“.

„Das Bestehen der gesetzlichen Grundlage ist keine Argumentation für die Sinnhaftigkeit der Arbeitspflicht – Kosten und Aufwand stehen in keinem Verhältnis zum zu erreichenden Ziel: schnelle Integration zu fördern. Dies ist durch ein besseres Angebot an Sprachkursen und Arbeitsplatzvermittlung effektiver erreicht. 250.000 Euro Kosten für den Kreis, die durch diesen Beschluss anfallen, während Geld an vielen wichtigen Stellen gebraucht wird, sind unverantwortlich“, meint Lenz. Er führt weiter aus, dass dem im Antrag als Vorbild erwähnten Saale-Orla-Kreis in Thüringen, wo die Arbeitspflicht für Asylbewerber schon umgesetzt werde, empirische Studien des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales zu arbeitsmarktpolitischen Integrationsmaßnahmen entgegenstünden.

„Von einer Arbeitspflicht profitieren langfristig weder Kreis noch die betroffenen Personen, es geht CDU und Co nicht um Integrationsförderung, es geht um rechte Symbolpolitik“, betont Lenz. „Ein gemeinsamer Beschluss mit der AfD ist zudem eine Entscheidung, die wir verurteilen.“

Vollkommen anders sieht es der Peiner CDU-Landratskandidat Carsten Lauenstein, der den Beschluss begrüßt. Seiner Meinung nach erhalten so Asylbewerber die Chance, sich in die Gemeinschaft einzubringen und Verantwortung zu übernehmen. „Gleichzeitig kann die sichtbare Mitwirkung von Asylbewerbern im Alltag dazu beitragen, in der Bevölkerung Vorurteile abzubauen und die Akzeptanz für ihre Integration zu erhöhen“, so der Politiker.

Er will sich dafür einsetzen, dass die Asylsuchenden ihren Fähigkeiten entsprechend tätig werden und keine „unzumutbare Belastung“ darstellen. Er betont: „Die Tätigkeiten müssen so ausgewählt werden, dass sie die Asylbewerber nicht überfordern und gleichzeitig einen echten Mehrwert für die soziale Infrastruktur des Landkreises bieten.“

Außerdem dürfe der Beschluss nicht zu einer Ausgrenzung der einheimischen Bevölkerung führen. Gemeinnützige Tätigkeiten dürften niemals reguläre Arbeitsplätze ersetzen, sondern sollten eine ergänzende Funktion einnehmen, von der beide Seiten profitieren.

Der Dialog zwischen allen beteiligten Akteuren sei Voraussetzung für ein gutes Gelingen der Integration.

Druckansicht