Zu Besuch bei einer Hundefriseurin
Blick hinters Firmenschild: Janine Hecker hat einst als Einzelhandelskauffrau gearbeitet

„Wichtig ist, dass ich entspannt bin, das überträgt sich auf den Hund“: Hundefriseurin Janine Hecker mit dem Havaneser-Rüden Charly.Foto: Ralf Büchler
Peine. Wer Janine Hecker anruft, der hat eine Nummer für alle Felle gewählt. Denn die 44-Jährige hat sich vor zwei Jahren in Peine als Hundefriseurin selbstständig gemacht. Eine Entscheidung, die sie immer noch glücklich macht – nicht nur, weil sie von entspannten, tierischen Stammkunden als Geste der Zuneigung schon mal feucht-geknutscht wird. „Ich lerne viele Menschen und Hunde mit ganz unterschiedlichen Charakteren kennen. Und das Ergebnis zwischen vorher und nachher zu sehen, ist einfach schön“, sagt sie.

Waschen, Schneiden, Leberwurst-Paste – wir durften bei einem Friseurtermin im Hundesalon „Bella pur“ an der Badestraße dabei sein. Der Kunde: Rüde Charly, ein vierjähriger Havaneser. Diese Hunderasse hat ein ständig nachwachsendes Fell. Das ist zum Beispiel auch bei Pudeln und Wasserhunden oder Maltesern und Yorkshire-Terriern der Fall.

Damit Charly nicht den Durchblick verliert, weiter gut riechen kann und sein Fell nicht verfilzt, muss er regelmäßig geschoren, getrimmt und gebürstet werden. „Wir kommen alle sechs Wochen. Das Fall wächst sehr schnell“, sagt Besitzerin Janine Rösler. Mit der Haarschneide-Maschine und der Schere kennt sie sich eigentlich auch aus, hat Friseurin gelernt, doch sie hat Menschen frisiert. „Hier lasse ich lieber einen Profi ran“, sagt sie. Ein Hundefriseur muss sich nämlich auch mit Hundeanatomie und- physiologie auskennen, hat spezielles Schneide- und Scher-Werkzeug sowie Kämme.

Janine Hecker stutzt gerade das Haar um Charlys Nase. Auf den höhenverstellbaren Frisier-Tisch rieselt das erste weiße Fell nieder. An der Wand des Keller-Salons hängt ein Schild mit der Aufschrift „Das Mitnehmen von Hundehaaren ist kostenlos“. Was wie ein Scherz klingt, machen einige Kunden aber tatsächlich. Den Hundehaaren wird nachgesagt, Marder unter Motorhauben oder von Dachböden vertreiben zu können. „Ein Kunde hat gerade einen Marder auf dem Dachboden.“

Janine Hecker hat ihr Handwerk in Kursen an einer privaten Schule gelernt, der Paracelsus-Gesundheitsakademie in Hannover. Praktische Inhalte wurden zudem in einem Hundesalon vermittelt. Um einen staatlich anerkannten mehrjährigen Ausbildungsberuf handelt es sich nicht, theoretisch darf Jeder Hunde frisieren. „Aber ganz ohne dieses zusätzliche Wissen wollte ich mich da nicht rantrauen“, sagt die Peinerin.

Hunde sind ihre große Leidenschaft. Ob Staffordshire Bullterrier, Rottweiler-Berner-Sennenhund-Mischling oder französische Bulldogge – gleich vier Hunde hält sie mit ihrem Mann. „Hunde sind ehrlich, von Grund auf positiv, zeigen einem, was sie nicht mögen und quatschen nicht hinter dem Rücken“, erklärt die 44-Jährige ihre Zuneigung. Und sie würden den Besitzern viel Liebe schenken.

Die meisten ihrer rund 200 tierischen Kunden kommen gerne in ihren Salon und sind nicht ängstlich. „Wichtig ist, dass ich entspannt bin, das überträgt sich auf den Hund“, sagt die 44-Jährige. Bei ihrer Arbeit profitiere sie von ihrer einstigen Schulung zur Hundetrainerin. Dort habe sie gelernt, dass ein Rudelführer ruhig und gelassen, aber auch konsequent sein muss.

Beim ersten Besuch müssen einige Hunde dagegen erstmal ihre Skepsis ablegen. Rund ein Dutzend Maulkörbe in verschiedenen Größen hat Janine Hecker vorrätig, um sich zu schützen. Vom Mini-Chihuahua bis zum großen 70-Kilo-Landseer – sie hat schließlich auch Hunde in ganz unterschiedlichen Größen zu Besuch.

Knifflig ist es vor allem, wenn die 44-Jährige das Fell an den Vorderpfoten schert. Das mögen viele Hunde nicht so gerne. „Das ist so ein Dominanz-Ding. Zudem werden die Hunde da selten von ihren Besitzern dran festgehalten und kennen das nicht“, erklärt die Hundefriseurin. Rüden seien oft empfindlicher als Hündinnen. „Das ist wie bei den Menschen”, scherzt Janine Hecker. Doch sie kennt die Tricks, mit denen sie unaufgeregt gegensteuern kann. Bei denen die das Geräusch der Schermaschine nicht so gerne hören, lässt sie Radio-Musik dudeln. Das hilft. Andere Hunde entspannt es, wenn Frauchen oder Herrchen sich angeregt mit der Hundefriseurin unterhalten. Und wenn alles nicht mehr hilft, die Leberwurst-Tube als Ablenkung vor der Nase eines Hundes ist und bleibt ein Wundermittel…

Rund 5.000 Euro, schätzt Janine Hecker, hat sie für das Equipment ihres Hundesalons investiert. Ein großer Posten war dabei die Edelstahl-Badewanne, die sich bis auf den Boden herunterfahren lässt und den Hunden so einen bodentiefen Einstieg ermöglicht. Für lockige Hunde, Hunde mit Unterfell oder besonders verfilzte Hunde gibt es spezielle Shampoos. Und wie oft sollten Hunde baden? „So oft wie nötig und so wenig wie möglich“, sagt Janine Hecker. Sie schleift auch Krallen und pflegt Ohren und Pfoten. Je nach Größe des Hundes und je nach gewähltem Angebot kostet ein Besuch zwischen 40 und 130 Euro.

Mit einigen Kunden ist schon eine Freundschaft entstanden, es wird angeregt geplaudert. „Ich will ja nicht nur mit dem Hund quatschen, ich freue mich auch mal auf eine Antwort“, scherzt sie. Eine Klatsch-Zeitschrift wie beim Menschen-Friseur liegt im Hundesalon „Bella pur“ aber nicht aus, nur ein Buch für kunstvoll gestaltete Hunde-Halsbänder. Apropos kunstvoll: Gefärbtes Fell oder Schickimicki-Frisuren gibt es bei Janine Hecker nicht. „Es soll artgerecht sein. Der Hund soll Hund bleiben“, betont sie.

Mit Baden und Schneiden dauert ein Hundefriseur-Besuch rund anderthalb Stunden. Für Janine Hecker ist das größte Lob, wenn sich der Hund danach ordentlich schüttelt und wälzt „und ich das Gefühl habe, jetzt fühlt er sich wieder wohl“.

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