Hund attackiert Mädchen –Gericht spricht Angeklagte frei
In Peine wurde eine 13-Jähre gebissen - Doch wer schuld war, blieb auch zum Prozessende unklar

Bei dem Hund habe es sich um einen American Bully Pocket gehandelt. Die Angeklagte betonte, dass sie das Tier nicht führte, als es zubiss. Den Halter wollte sie aber nicht nennen (Symbolbild).Foto:Archiv/ALL
Peine. Am Amtsgericht Peine endete eine einstündige Verhandlung wegen fahrlässiger Körperverletzung mit Freispruch, nachdem eine 13-Jährige im April von einem Hund angesprungen und gebissen worden war. Der Biss, so stellte das Jugendgericht unmissverständlich fest, habe zwar stattgefunden, doch ob die 28 Jahre alte Angeklagte überhaupt diejenige war, die den Hund zum entscheidenden Zeitpunkt geführt hatte, ließ sich nicht eindeutig klären. Und genau dieser Zweifel rettete der jungen Frau am Ende den Tag.

Der Vorfall, um den es ging, liegt schon einige Monate zurück. Am 1. April 2025, gegen 18 Uhr, war die Angeklagte aus Braunschweig zusammen mit einem Bekannten und dessen Hund – ihrer Beschreibung zufolge ein „40-Kilo-Riesenvieh“ – am Peiner Bahnhof unterwegs. An einer Fußgängerampel nahe des Rewe-Marktes trafen sie auf zwei Mädchen, 13 und 14 Jahre alt.

Die Mädchen schilderten, der Hund habe bereits an der roten Ampel unruhig gewirkt. Als sie aus Angst vor dem Tier im weiten Bogen vorbeigehen wollten, sei es plötzlich hochgesprungen und habe die jüngere der beiden in den linken Ellbogen gebissen. Das Resultat: Blut, Schmerzen und eine zerrissene Jacke. Hund und Begleiter seien davongegangen, erzählten sie. Ein Bekannter der 14-Jährigen kam auf die beiden zu und nahm im Auto sofort die Verfolgung auf.

Die Angeklagte hingegen beschrieb die Szene etwas anders. Es sei nicht ihr Hund gewesen und sie würde „große Hunde niemals an die Leine nehmen“, wie sie mehrfach betonte. Ihr Begleiter habe den American Bully Pocket - einen robusten, schweren Hund mit großem Kopf, breiter Brust und kräftigem Körperbau - in dem besagten Moment an der Leine gehalten. Sie habe noch versucht, das Tier am Halsband festzuhalten, was ihr aber nicht gelungen sei.

Der Hund habe erst gebellt, sei dann hochgesprungen, aber von einem Biss habe sie nichts mitbekommen. Die Mädchen seien nach einer Entschuldigung sogar lachend ihrer Wege gegangen. Erst Minuten später habe der Bekannte die Angeklagte und ihren Begleiter mit seinem Auto gestellt. Der Hundehalter sei daraufhin sofort mit dem Hund weggelaufen. Aus Sorge, die Situation könne eskalieren, habe sie damals freiwillig 40 Euro für eine angeblich beschädigte Jacke überwiesen. Warum die Angeklagte ihren Begleiter partout nicht nennen wolle, fragte der Richter. Die Antwort: Angst vor Repressalien für das Tier. Und so etwas „gehöre sich nicht“.

Die beiden Schülerinnen wirkten glaubwürdig im Zeugenstand, ihre Aussagen unterschieden sich jedoch in einem entscheidenden Punkt. Wer hatte den Hund geführt? Die 13 Jahre alte Geschädigte blieb dabei: Die Angeklagte hielt den Hund. Ihre Freundin hingegen war sich unsicher. Ihrer Erinnerung nach hatte eher der Mann den Hund geführt.

Der Richter prüfte ein Foto der Verletzung, hörte die Mädchen geduldig an. Doch der entscheidende Punkt blieb unklar: Wer hatte den Hund tatsächlich im Griff, als er zubiss?

Eine Rolle hätte möglicherweise ein dritter Zeuge gespielt, der Mann, der mit den beiden Mädchen hinter den mutmaßlichen Verursachern hergefahren war. Allerdings erschien der gar nicht erst zum Prozesstermin. Der Richter reagierte streng und verhängte 150 Euro Ordnungsgeld oder ersatzweise drei Tage Ordnungshaft.

Am Ende blieb es bei widersprüchlichen Erinnerungen und einer spontanen Situation an einer Ampel, deren Dynamik niemand mehr sicher rekonstruieren konnte.

Zwar stand fest: Das Mädchen wurde gebissen. Doch ebenso stand fest, dass nicht nachweisbar war, wer den Hund im entscheidenden Moment führte. Die Angeklagte wirkte erleichtert und verabschiedete sich mit dem knappen Satz: „Sie haben richtig entschieden.“

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