Altenpflegerin, Krankenpflegerin - diese Berufe konnte sich Laura als 18-Jährige durchaus vorstellen. „Allerdings war mir da aus medizinischer Sicht zu wenig los“, erklärt sie unumwunden. Ein „Standardberuf“ kam für sie nicht infrage. „Ich wollte nicht morgens vor dem Kleiderschrank stehen und überlegen, welchen der fünf Blazer ich anziehen soll“, beschreibt sie. Und so keimte in ihr die Idee, zum Sanitätsdienst der Bundeswehr zu gehen.
„Ich habe mich dann für den freiwilligen Wehrdienst für zwölf Monate beworben.“ Weit weg von Peine, am liebsten in Köln, wo sie früher einmal wohnte. Aber an irgendeiner Stelle kam es zu einem Missverständnis, erzählt die junge Frau und lacht. Laura landete weder beim Sanitätsdienst, noch in Köln - stattdessen wurde es die IT-Abteilung in Munster.
Der Job machte ihr Spaß. Und so blieb sie. Sie verpflichtete sich, ging in die Mannschaftslaufbahn, machte ihre Ausbildung zur Verwaltungsfachangestellten über die Bundeswehr. Heute - zehn Jahre später - ist sie Berufssoldatin, ihr Rang Hauptfeldwebel.
Viermal die Woche fährt sie früh morgens um 5.15 Uhr los nach Munster, einen Tag kann sie von zuhause arbeiten. Auch ihr Mann ist voll berufstätig. Damit die Kinderbetreuung funktioniert, hilft ein ausgeklügeltes System, das Großeltern und Freunde mittragen und für das Laura dankbar ist: „Nur deswegen schaffe ich meinen Dienst.“
Struktur und Regeln: Das sind Dinge, die Laura an ihrem Beruf schätzt. Und die Kameradschaft. „Das ist etwas ganz anderes als ein Kollegium“, sagt sie. „Die Ehekrise, die Wespenstichallergie, das sind Dinge, die man voneinander wissen muss.“ Denn im Ernstfall vertraut man dem Kameraden das eigene Leben an.
Die Familie war vom Berufswunsch erst einmal überrascht: „Meine Mama hatte natürlich die normalen Befürchtungen. Aber dann hat sie gesagt: ‚Wenn es das ist, was du willst, dann mach das.‘" Auch die Großeltern mussten erst einmal schlucken, um dann zu bestätigen: „Wir sehen dich da aber auch.“ Im Zivilen zu arbeiten - für Laura ausgeschlossen.
In ihrem Job sitzt Laura überwiegend im Büro, aber sie geht auch auf die Truppenübungsplätze mit Waffe, Helm und Kampfuniform. „Jedes Jahr marschiere ich mit Gepäck, schwimme mit Feldanzug und absolviere sportliche Tests“, erklärt sie. Dass ihre Kameraden überwiegend männlich sind, stört sie nicht. „Es macht keinen Unterschied, mit einem Mann oder einer Frau zusammenzuarbeiten. Jeder hat einen Dienstgrad, wir verdienen das gleiche Geld, liegen im gleichen Wald und tragen den gleichen 20-Kilo-Rucksack.“ Natürlich gebe es auch Hilfe von Kameraden - aber die gebe es eben auch von und für alle Kameraden, egal ob männlich oder weiblich.
Im November 2024 ging Laura für einen Auslandseinsatz mehrere Monate nach Litauen zur internationalen Battlegroup an der NATO-Ostflanke. Als Betreuungsfeldwebel war sie für die Moral der Truppe zuständig. „Man braucht nach dem Dienst irgendeine Beschäftigung, eine Möglichkeit zum Abschalten“, erklärt sie. Mit 1.100 Soldaten aller Nationen feierte Laura in Litauen Weihnachten. „Wir haben Weihnachtshütten gebaut und beleuchtet, Getränke ausgeschenkt, einen Brunch mit litauischen Spezialitäten organisiert, es gab Weihnachtsgebäck, und es wurde eine Weihnachtsgeschichte vorgelesen“, erzählt die junge Soldatin. „Es war ein wunderschönes, anderes Weihnachten.“
Die Tage vor dem Fest allerdings waren hart für die Mutter. „Ich habe jeden Abend mit meiner Familie telefoniert und versucht, mich abzulenken.“ Etwas, das Laura in der Ferne besser gelang, als der Familie zuhause, die an Weihnachten auf den leeren Platz am Tisch blicken musste.
Nicht zu wissen, ob sie beim nächsten Geburtstag ihres Sohnes dabei sein kann, sich als Mutter zwischen Arbeit und Familie hin- und hergerissen zu fühlen, sei eine stärke psychische Belastung als alles andere und präsenter, als die Tatsache, dass sie vielleicht auch in einen Kampfeinsatz geschickt werden könnte. „Jedem Soldaten ist klar, dass er vielleicht zur Waffe greifen muss“, sagt sie. Wie auch dessen Angehörigen. Doch Laura weiß auch, warum sie ihren Job macht: „Damit andere Menschen in Ruhe leben können. Keiner möchte Krieg.“
Dass das neue Wehrdienstgesetz bei jungen Menschen für Verunsicherung sorgt, kann sie verstehen. Es soll im Januar 2026 in Kraft treten und setzt zunächst auf Freiwilligkeit, mit einer verpflichtenden Erfassung aller Männer des Geburtsjahrgangs 2008. Ab 2027 sollen diese Männer einer verpflichtenden Musterung unterzogen werden. Frauen können sich freiwillig wehrbereit melden.
Dass dadurch junge Leute wieder über die Bundewehr sprechen, begrüßt Laura. „Ich bin für einen verpflichtenden Wehr- und Zivildienst, wie es ihn früher schon gab, weil man dann Erfahrungen macht. Bundeswehr ist so viel mehr - Verwaltung, Materialbeschaffung, Sanitätsdienst“, sagt sie. Möglicherweise könne der Dienst jungen Menschen auch eine Orientierung bei der Berufswahl bieten. Am wichtigsten ist ihr aber, dass andere wertschätzen, was sie und ihre Kameraden leisten. Bei ihrer Familie ist das keine Frage: „Sie sind alle stolz auf mich und meine Kameraden – und auf das, was wir tun.“