Ob es sich um einen tragischen Unfall oder einen Suizid handele, sei nicht mehr eindeutig zu klären. Aber: „Wir können ein Fremdverschulden ausschließen, das ist für die Ermittlungen wichtig“, betonte Peines Polizeisprecher Malte Jansen. Inzwischen häufen sich allerdings die Hinweise, dass das Opfer womöglich einen kurzen Moment des Leichtsinns mit dem Tod bezahlt hat. Der Peiner wurde nur 44 Jahre alt.
Mehrere Zeuge des Vorfalls haben sich in unserer Redaktion gemeldet. Einer von ihnen ist der pensionierte Polizeibeamte Manfred Randt. „Das Erlebte bewegt mich nach wie vor tief“, sagt er, „ich möchte andere Menschen ausdrücklich davor warnen, hier und andernorts die Gleise unbefugt zu überqueren.“
Der Peiner hatte sich eigentlich auf ein vorweihnachtliches Stammtisch-Treffen mit ehemaligen Kollegen der Bundespolizei gefreut und wartete daher auf Gleis 1 auf den Regionalexpress, mit dem er um 12.38 Uhr mit einem Ex-Kollegen gemeinsam nach Hannover fahren wollte. Dann passierte das, „was mich immer noch nicht loslässt“, sagt Randt. Er sah einen Mann, der von der Südseite an der Braunschweiger Straße aus plötzlich ins Gleisbett gestiegen sein muss. „Als ich einen heranrauschenden Güterzug gesehen habe, habe ich aus Leibeskräften geschrien: Zurück, zurück!“
Randt berichtet, dass der Mann daraufhin auch den mit Autos beladenen Güterzug erblickt habe. „Ich konnte in seine Augen sehen: Ich hatte das Gefühl, er ist zunächst kurz in eine Art Schockstarre verfallen.“ Doch danach habe er versucht, sich auf das Gleis 1 an der Nordseite des Bahnhofs zu retten, habe versucht, den großen Höhenunterschied zwischen Gleis und Bahnsteig noch zu meistern. Doch das sei nicht mehr gelungen. Da der Mann versucht habe, auf den Bahnsteig zu klettern, wertet Randt das Drama als tragischen Unfall und nicht als geplanten Suizid. Auch der Zeuge Berat Çakmak stützt diese These. Auch er hatte den getöteten Mann in den letzten Sekunden seines Lebens beobachtet. „Er wollte direkt über die Schienen gehen und bemerkte den ankommenden Zug nicht. In diesem Moment erstarrte er vor Schock, und der Zug versuchte noch, stark zu bremsen.“ Er sei sehr traurig. „Für mich und für alle anderen, die diesen Moment miterlebt haben, war es ein sehr traumatisches Ereignis. Leider.“
Immer wieder appelliert die Bundespolizei eindringlich, sich auf Bahnhöfen oder in der Nähe von Gleisen vorsichtig zu verhalten. Ein kleiner Moment der Unachtsamkeit könne lebensgefährlich sein und Bahngleise dürften niemals betreten werden. Doch genau das erleben die Mitarbeiter der Stadtwache im Peiner Bahnhof regelmäßig. „Es kommt immer wieder vor“, bestätigt Peines Polizeisprecher Malte Jansen.Trotz Fußgängerbrücke oder Unterführung werde hier abgekürzt. Lebensgefahr pur. Nicht nur wegen des Höhenunterschieds zwischen Gleis und Bahnsteig. Rund 76 Zentimeter sind es in Peine. Diese Hürde kann nicht nur für Unsportliche zum Todesurteil werden. Zudem haben Züge, insbesondere schwer beladene Güterzüge einen langen Bremsweg. Experten gehen etwa bei Tempo 100 von rund 1.000 Metern Bremsweg aus. Die Peiner Stadtwache verhängt regelmäßig Bußgeld für Gleis-Querer. Wer erwischt wird, wird angesprochen und muss 20 Euro zahlen. Muss sogar ein Zug bremsen, weil jemand leichtsinnig über die Gleise läuft, wird es dagegen nicht nur richtig teuer: „Das ist eine Straftat“, betont Peines Polizeisprecher Malte Jansen. Im Strafgesetzbuch ist das unter dem Paragrafen 315 als gefährlicher Eingriff in den Bahnverkehr geregelt. Und: Bahn-Unternehmen können mitunter sogar Schadenersatz für Verspätungen oder Ausfälle fordern.
Bereits im Mai hatte es einen tödlichen Unfall am Peiner Bahnhof gegeben. Damals hatte eine Güterlok einen 55-Jährigen erfasst und ihm Teile seines Beines abgetrennt. Der Mann erlag im Krankenhaus seinen schweren Verletzungen. Das Opfer soll ins Gleisbett gestiegen sein, um heruntergefallene Pfanddosen wieder einzusammeln. Dabei soll er gestolpert und gestürzt sein und sich nicht mehr rechtzeitig vor der Durchfahrt einer einzelnen Güterlok aus der misslichen Lage retten können.Wenn Sie selbst unter Stimmungsschwankungen, Depressionen oder Selbstmordgedanken leiden oder Sie jemanden kennen, der daran leidet, können Sie sich bei der Telefonseelsorge helfen lassen. Sie erreichen sie telefonisch unter (08 00) 111-0-111 und (08 00) 111-0-222 oder im Internet auf www.telefonseelsorge.de. Die Beratung ist anonym und kostenfrei, Anrufe werden nicht auf der Telefonrechnung vermerkt.