„All dies wird unter der scheinbar recht niedliche Bezeichnung Catcalling zusammengefasst. Sie beschreibt das als lästig empfundene Geschrei von Katern“, erläutert Lara Duwe, Vorsitzende des Jugendparlaments. Darunter fallen alle verschiedenen Arten der sexuellen Belästigung ohne Körperkontakt im öffentlichen Raum, die überwiegend Männer ausüben und sich überwiegend an vor allem jüngere Frauen richten. „Frauen und Mädchen beginnen, Bereiche im öffentlichen Raum zu meiden und sich nicht mehr unbefangen in der Öffentlichkeit bewegen.“
Simone Semmler, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt und Initiatorin des nationalen Anti-Catcall Tages #keinKompliment, berichtet davon, dass die betroffenen Mädchen und Frauen nun Umwege laufen, mehr Tage im Homeoffice verbringen, abends nicht mehr allein das Haus verlassen und schlicht Angst haben. Diese aufgedrängte Form der Sexualität ist derzeit weder ein eigener Straftatbestand noch eine Ordnungswidrigkeit, aber es handele sich um ausgeübte Form von Gewalt und müsste nach Artikel 40 Istanbul-Konvention auch in Deutschland geahndet werden, so Simone Semmler. „Wir brauchen Gesetze, damit dieses Verhalten als unzumutbarer Übergriff gebrandmarkt wird und irgendwann auch geahndet werden kann.“
Um Sensibilität dafür zu schaffen, sollen die diversen Catcalling-Verhaltensweisen öffentlich gemacht werden an den Orten, an denen es geschieht. Das soll nun am zweiten Aktionstag geschehen. Ein Jahr lang konnten Betroffene ihre Vorfälle melden, die mit Kreide im öffentlichen Raum sichtbar gemacht werden. In Salzgitter laden das Jugendparlament und die Gleichstellungsbeauftragte auf den Rathausvorplatz in Lebenstedt für Freitag, 9. Juni, ab 17 Uhr zu einer Kundgebung ein, die von Anlina Ludwig musikalisch begleitet wird. „Catcalling“ reduziere Betroffene auf ihre „scheinbare sexuelle Verfügbarkeit“, so Simone Semmler. Dagegen Stellung zu beziehen sei wichtig und notwendig. „So soll nicht nur die Sensibilität für das Thema erhöht werden, sondern auch Betroffene und Zeuginnen und Zeugen sollen in ihrer Zivilcourage gestärkt werden.“
Der gutmeinende Hinweis mancher Männer, die Anmache als Kompliment aufzufassen, führe nicht weiter, denn sexuelle Belästigung sei nun einmal kein Kompliment, so Simone Semmler. Im Anschluss an die Kundgebung ist eine Lesung in der Stadtbibliothek Lebenstedt geplant: Um 18 Uhr stellt Autorin, Aktivistin und Kulturwissenschaftlerin Hannah Klümper ihr Buch „Catcalls – auch Worte sind Belästigung“ vor. Ihr Vortrag wird online übertragen. Der Zugangslink ist zeitnah unter www.Salzgitter.de/keinkompliment zu finden.