Der Anstieg der Nahrungsmittelpreise hat sich ein wenig abgeschwächt. Allerdings gibt es noch immer bei vielen Produkten kräftige Aufschläge. Laut Statistischem Bundesamt haben sich Nahrungsmittel im Januar um 3,8 Prozent verteuert. Das ist deutlich mehr als die Gesamtinflation von 2,9 Prozent. Unser Essen ist damit Haupttreiber der Teuerung. An der Spitze lag Süßes: Zucker, Marmelade, Honig, Schokolade. Das Plus betrug fast 11 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Fast ebenso hoch war der Aufschlag bei Obst. Gemüse verteuerte sich um 8 Prozent. Auffällig ist aber, dass die Energiekosten als Begründung nicht mehr herhalten können. Sie sind im Januar im Vergleich zum Vorjahr um 2,8 Prozent gefallen.
Einerseits ist zu erkennen, dass die Preise inzwischen langsamer steigen als noch vor einigen Monaten. Andererseits verweisen Experten darauf, dass Nahrungsmittel und ihre Vorprodukte zunehmend stärker in den Weltmarkt integriert sind. Zum Beispiel beim Zucker: Die Notierungen an den Rohstoffbörsen sind enorm hoch. Im Dezember erreichten sie Rekordwerte. Das schlägt nun auf Süßwaren durch. Dazu beitragen dürfte, dass die weltgrößten Zuckerrohranbauer Thailand und Brasilien ihre Exporte in die EU deutlich verringert haben, weil der Rohstoff vermehrt für die lukrative Erzeugung von Biosprit eingesetzt wird.
Nicht nur. Vom hohen Zuckerpreis profitieren auch hiesige Bauern, die ihre Rüben teurer verkaufen. Zugleich macht aber die Monopolkommission, die die Bundesregierung berät, darauf aufmerksam, dass Landwirte immer weniger an den Verkaufserlösen der Endprodukte teilhaben. So seien im Jahr 1970 etwa bei Milcherzeugnissen 57 Prozent der Verkaufspreise an die Erzeuger gegangen. Im Jahr 2020 waren es nur noch 36 Prozent.
Die Vorwürfe werden lauter, dass die großen Lebensmittelkonzerne ihre Marktmacht ausnutzen. Fest steht, dass es hierzulande seit Jahren eine Konzentration durch Übernahmen gibt. Die großen vier – Edeka, Rewe, Aldi und Lidl – kommen zusammen auf einen Marktanteil von rund 80 Prozent. Das Quartett hat bei der Preisgestaltung eine enorm starke Position inne. Zudem haben sich Rewe und Edeka die Regionen, in denen sie aktiv sind, mehr oder weniger aufgeteilt, was den Wettbewerb hemmt. Ferner macht die Monopolkommission darauf aufmerksam, dass Landwirte eine schwache Verhandlungsposition haben, weil sie verderbliche Ware anbieten. Dies könne „zur Bildung von Ineffizienzen und Marktmacht in der Lieferkette “ beitragen.
Die Kommission spricht zwar von „potenziellen Indizien für eine bestehende Marktmacht“, sie warnt aber zugleich: Der Sektor sei komplex und die Datenverfügbarkeit teilweise unklar. „Die Monopolkommission hält daher weitere Untersuchungen der Wettbewerbsdynamik auf diesen Märkten für notwendig“, heißt es in der Studie. Das könnte zum Beispiel eine sogenannte Sektoruntersuchung durch das Kartellamt sein. Dabei werden Mechanismen in den verschiedenen Stufen der Lieferketten genau unter die Lupe genommen. Das kann aber viele Monate dauern.
Der Bundesverband der Verbraucherzentralen fordert, dass Kundinnen und Kunden „produktspezifische Preisvergleiche“ erleichtert werden. Dazu müssten Lebensmitteleinzelhändler verpflichtet werden, „die Preise ihrer Produkte im Internet öffentlich verfügbar zu machen“. Ferner müssten von Ernährungsarmut besonders betroffene Menschen durch eine Einmalzahlung vom Staat entlastet werden. Dies sollte jährlich geschehen und die realen Kostensteigerungen widerspiegeln. Ferner setzen sich auch die Verbraucherschützer für eine Sektoruntersuchung ein.