Finstere Aussichten bei VW Die Angst geht um im Motorenwerk in Salzgitter: Der Konzern hat die Beschäftigungsgarantien gekündigt
Salzgittter. Das Plakat wirkt in diesen Tagen ein wenig hanebüchen. „Zusammen in die Zukunft“ verkündet ein Schild in großen Buchstaben am Eingang an Tor 1 zum VW-Leitwerk in Salzgitter. Doch die Zukunft des Konzerns ist ungewiss. Der Automobilhersteller hat viele Tarifverträge gekündigt, darunter auch die Beschäftigungsgarantien. Ab Mitte 2025 wären betriebsbedingte Entlassungen möglich, für die IG Metall hat VW damit „den vertrauensvollen Pfad der konstruktiven Zusammenarbeit“ aufgegeben.Es ist Schichtwechsel, schweigend marschieren Hunderte morgens zum Arbeitsplatz, die Kollegen und Kolleginnen der Nachtschicht kommen ihnen entgegen. Kaum einer will sich öffentlich äußern vor dem Werkstor. „Ich mache mit keinen Kopf. Was kommt, das kommt. Ist eh nicht zu ändern“, winkt einer der Arbeiter ab, der aus dem Ausland nach Salzgitter kam und seit seinem Start 2015 schon eingie Krisen erlebte. Diesel-Gate, Corona, Teilemangel oder die Auswirkungen des Krieges: die Arbeitsplätze seien nicht mehr sicher. „Daran wird sich in den nächsten zehn Jahren auch nichts mehr ändern“, sagt der Familienvater.
Die Leute schweigen, mancher gibt leise zu, verunsichert zu sein. Andere lässt die Diskussion kalt. „Ich kann daran eh’ nichts ändern“, meint ein Salzgitteraner, der seit 14 Jahren im Werk arbeitet und davon seine Familie ernährt. „Viele machen sich Gedanken, das weiß ich aus Gesprächen.“ Sein Kollege ist ebenfalls entspannt, obwohl auch er Familie und ein Haus hat. „Wer Arbeit haben will, findet welche. Der Planet dreht sich weiter – auch ohne VW.“ Einer, der nicht aufgeben will, ist Salzgitters Oberbürgermeister Frank Klingebiel, der in einer Stellungnahme das Vorgehen des Vorstandes als „unfassbar“ beschreibt. „Bei einem Konzern wie Volkswagen hätte man erwarten können und müssen, dass erst Gespräche geführt werden, bevor Fakten geschaffen werden.“ Dies sei ein Kultur- und Vertrauensbruch. Der OB nennt das Vorgehen „übereilt und in keinster Weise lösungsorientiert“. Es schüre Verunsicherung und Ängste. Dieser in dieser Art und Weise noch nie dagewesene Angriff auf die bislang bei Volkswagen praktizierte und gelebte gute Sozialpartnerschaft „verhärtet die Fronten“. Frank Klingebiel erwartet „erbitterten Widerstand der Betriebsräte, der Belegschaft, der IG Metall und der Politik“.