Die BGE hält weiter am Bau des Endlagers KONRAD in Salzgitter fest, der sich „auf der Zielgeraden“ befinde. Anfang der 2030er Jahre sollen dort die ersten schwach- und mittelradioaktiven Abfälle landen. Da der Planfeststellungsbeschluss schon 22 Jahre zurück liegt, lässt die BGE die sicherheitstechnischen Anforderungen nach dem Stand von Wissenschaft und Technik (kurz: ÜsiKo) überprüfen. Die Erkenntnisse fließen gegebenenfalls in die Planungen und den Bau des Endlagers ein, heißt es. Die vorläufigen Ergebnisse der zweiten Phase wurden in Braunschweig vorgestellt und mit rund 60 Gästen aus der Fachöffentlichkeit diskutiert.
Bei der ÜsiKo handelt es sich um eine eigenverantwortlich von der BGE in Auftrag gegebene Studie. In der ersten Phase wurden mögliche sicherheitsrelevante Überprüfungsbedarfe im Vergleich zum aktuellen Stand von Wissenschaft und Technik ermittelt, die in Bezug auf die Anforderungen an ein heute neu zu genehmigendes Endlager verändert sind und bei denen eine sicherheitstechnische Relevanz in einigen Punkten nicht von vornherein verneint werden kann. Was genau das für den Bau des Endlagers KONRAD bedeuten kann, wurde jetzt in Phase 2 untersucht.
Dabei ging es um insgesamt 36 Überprüfungsbedarfe ganz unterschiedlicher Natur. Für die Betriebsphase des Endlagers wurde zum Beispiel der Einsatz von Kollisionswarnsystemen an den untertägigen Einlagerungsfahrzeugen untersucht. In der Nachbetriebsphase des Endlagers wurde die Möglichkeit der Ausbreitung radioaktiver Gase im geologischen Untergrund überprüft. Die Vorsitzende der BGE-Geschäftsführung Iris Graffunder: „Wir haben detailliert untersuchen lassen, ob ein Fortschritt im Stand von Wissenschaft und Technik im Hinblick auf die Sicherheitsanalysen konkrete Auswirkungen auf die Sicherheit des Endlagers KONRAD haben könnte. Dafür gibt es Stand heute keine Anhaltspunkte.“
Die zweite Phase der ÜsiKo wurde zudem wissenschaftlich unabhängig begleitet, so die BGE. Das vierköpfige Team mit Mitgliedern von den Universitäten Clausthal, Hannover und Jena und vom Öko-Institut e.V. wurde fortlaufend über die Bearbeitungsstände informiert und sprach Hinweise und Empfehlungen aus, griff jedoch in den Arbeitsprozess nicht anderweitig ein. Seine Einschätzungen werden in einem separaten Bericht zusammengefasst.
Laut BGE erklärte das wissenschaftliche Team bei der Veranstaltung in Braunschweig: „Nach Auffassung des Begleitteams wurden in der Phase 2 alle sicherheitsrelevanten Fragen aus der ersten Phase, die sich aus der Weiterentwicklung des Standes von Wissenschaft und Technik ergeben, umfassend untersucht, eingeordnet und bewertet. Aus der ÜsiKo ergeben sich keine Indizien, dass ein sicherer Betrieb des Endlagers Konrad nicht möglich wäre.“
So geht es weiter: Die Gutachter werden das Feedback aus der Veranstaltung in ihre Analysen einarbeiten. Im Jahr 2025 sollen die finalen Berichte vorliegen und veröffentlicht werden. Mit diesen Berichten wird die BGE dann eine finale Bewertung der Phase 2 der ÜsiKo vornehmen und über das weitere Vorgehen entscheiden.
Die AG Schacht KONRAD, die den Umbau des Bergwerks zum Atomendlager aus Sicherheitsbedenken ablehnt und einen sofortigen Stopp der Arbeiten fordert, lässt an der UsiKo kein gutes Haar. „Eine Überprüfung nach Stand von Wissenschaft und Technik findet gar nicht statt“, schreibt Sprecher Ludwig Wasmus. Für eine solche Überprüfung müsste das Projekt an den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen bei der Endlagersuche gemessen werden. Die Gutachter haben laut AG-Stellungnahme aber lediglich geprüft, „ob Gesetze und Verordnungen eingehalten werden und sogar darauf verwiesen, dass für KONRAD die „Sicherheitskriterien der Reaktorsicherheits-Kommission für die Endlagerung radioaktiver Abfälle in einem Bergwerk vom 20. April 1983 zugrunde zu legen seien. Ludwig Wasmus: „Damit wird der Name des Projektes zu einer bewussten Irreführung der Öffentlichkeit.“
Schon bei der Vorstellung der Ergebnisse der Phase 1 vor mehr als vier Jahren hagelte es eine „grundsätzliche und sehr ausführliche Kritik“ am Vorgehen der Gutachter. Die Fehler von damals, wichtige Themen nicht behandelt oder für weitere Betrachtungen ausgeschlossen zu haben, ließen sich laut Ludwig Wasmus durch Phase 2 nicht mehr „heilen“. Grundlegende Bedingungen einer modernen Standortsuche werden vom Projekt KONRAD nicht erfüllt, so die AG, schwerwiegende Mängel spielten „bei der ÜsiKo keine Rolle und werden einfach ignoriert“.
„Die Datenlage über die Geologie von Schacht KONRAD ist mangelhaft. Sie stammt aus den 1930er und den 1980er Jahren“, schreibt die Arbeitsgemeinschaft. Eine 3-D-seismische Messung wie jetzt bei der ASSE II, die genaueren Aufschluss über die tatsächlichen geologischen Schichten und Störungen bringen kann, sei bei Schacht KONRAD nie durchgeführt worden. Auch die Langzeitberechnung für das Projekt stamme aus den 1980ern. ludwig Wasmus: „Doch eine Forderung nach Erhebung neuer Daten und einer Langzeitsicherheitsberechnung nach heutigem Stand von Wissenschaft und Technik sucht man in den Gutachten vergebens.“