Von Gewalt betroffene Frauen stehen je nach Gegend vor erheblichen Schwierigkeiten und Hindernissen, um einen Platz in einem Frauenhaus oder einer Fachberatungsstelle zu finden. Aktuell fehlen in Salzgitter nach Angaben von Semmler fünf Frauenhausplätze, in Deutschland seien es insgesamt etwa 14.000. „Weder die Beratungsstelle gegen Häusliche Gewalt (BISS) noch die Täterberatungsstelle in Salzgitter verfügen über ausreichend Ausstattung, um in Umfang und Qualität so zu arbeiten, wie es notwendig wäre“, schreibt sie in einer Pressemitteilung.
„Salzgitter ist gottseidank in manchen Punkten weiter als viele Kommunen in Deutschland: Wir haben überhaupt ein Frauenhaus, und auch die Beratungsstellen werden aus städtischen Mitteln mit unterstützt“, fasst Simone Semmler die Situation zusammen. Mit dem Netzwerk gegen häusliche Gewalt wurde am 25. November vor dem Rathaus in Lebenstedt im wahrsten Sinne des Wortes „Flagge gezeigt“. Ebenso waren an einigen Schulen und anderen Institutionen die Flagge der UN gegen Gewalt an Frauen zu sehen.
Janine Großert, die frisch eingesetzte Leiterin der neuen Koordinierungsstelle zur Umsetzung der Menschenrechtskonvention gegen Gewalt an Frauen (Istanbul-Konvention) in Salzgitter, ergänzt: „Wir haben in Salzgitter das Thema geschlechtsspezifischer Gewalt konzeptionell in allen Facetten der Istanbul-Konvention durchdacht, konzeptionell durchgeplant und vom Rat beschlossen. Jetzt geht es Schritt für Schritt in die weitere Umsetzung.“
Jedoch handelt es sich laut Simone Semmler bei geschlechtsspezifischer Gewalt nicht nur um private Einzelschicksale einzelner Frauen. „Gewalt gegen Frauen ist ein akutes, gesamtgesellschaftliches Problem. Zu jeder betroffenen Frau gehört noch eine mitbetroffene Familie, häufig auch Kinder, die die Gewalt als Zeugen erleben müssen. Mädchen, die Gewalt erleiden und Jungen, die Gewalt ausüben sowie als normales Verhalten erlernen und erleben, erleiden zusätzlich häufig Schaden an ihrer Seele. Hier besteht weiterhin dringender Handlungsbedarf.“
Simone Semmler fordert, Frauen und ihre Kinder besser vor Gewalt zu schützen und eine bedarfsgerechte Unterstützung zu bieten. Bereits mit Abschluss des Koalitionsvertrages habe die Bundesregierung zugesagt, einen bundeseinheitlichen Rechtsrahmen zu schaffen.
„Mit dem derzeit geplanten, aber noch immer nicht beschlossenen Gewalthilfegesetz würde die Bundesregierung auch die entsprechenden Verpflichtungen aus der Istanbul-Konvention, der sich Deutschland 2018 bindend angeschlossen hat, endlich erfüllen. Die Verzögerung dieses Gesetzes kostet jeden Tag das Leben von Frauen und jährlich 54 Milliarden Euro an Folgekosten dieser Gewalt“, so Simone Semmler.
Sie hofft, dass dieses Gesetz noch vor der Neuwahl beschlossen wird.