Gegen „Feldarbeiter 2. Klasse“
Die Gewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt fordert von Landwirten eine leistungsgerechte Bezahlung

Süß und lecker: Die Arbeit, die hinter der Erdbeerernte steckt, ist allerdings hart, sagt die Agrar-Gewerkschaft IG BAU Braunschweig-Goslar. Sie fordert faire Löhne und anständige Unterkünfte.Foto: IG BAU | Florian Göricke
Salzgitter. Sie sorgen für frisches Obst und Gemüse: Erntehelfer in Salzgitter und der ­Region haben faire Löhne und ordentliche Unterkünfte verdient. Das fordert die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) im Bezirk Braunschweig-Goslar. Sie appelliert an die Obst- und Gemüsebauern in der Region, bei Saisonkräften für gute Arbeitsbedingungen zu sorgen.

„Die Obst- und die Gemüseernte ist harte Arbeit – gebückt, auf den Knien, oft im Regen oder in sengender Sonne. Die Menschen, die diese Jobs machen, müssen dafür auch ordentlich bezahlt und anständig untergebracht werden. Saisonarbeiter haben mindestens den Mindestlohn verdient. Ausnahmen darf es dabei auch in Zukunft nicht geben“, sagt der IG-BAU-Bezirksvorsitzende Holger Henze. Oft kämen die Saisonkräfte aus osteuropäischen Ländern – vorwiegend aus Rumänien. Aber auch aus Bulgarien, Polen und Kroatien. Und zunehmend sogar aus Zentralasien. „Viele kommen Jahr für Jahr zur Erntesaison. Sie bleiben dann drei Monate. Oft aber auch länger. Während dieser Zeit leben die Saisonkräfte in Unterkünften, die häufig auch noch ziemlich heruntergekommen sind. Trotzdem zahlen sie dafür oft eine ­hohe Miete“, so Holger Henze.

Auch die Verpflegung gehe vom Lohn ab. Dazu kämen die Transport- und Vermittlungskosten. „Unterm Strich bleibt dabei für Saisonkräfte, die den gesetzlichen Mindestlohn verdienen, am Monatsende nicht mehr wirklich viel übrig“, erklärt der Gewerkschafter. Die IG BAU Braunschweig-Goslar warnt vor Ausbeutung. Erntehelfer aus dem Ausland seien keine „Feldarbeiter 2. Klasse“. Dabei ist laut Holger Henze der gesetzliche Mindestlohn von aktuell 12,82  Euro pro Stunde das Minimum, das Landwirte ihren Saisonbeschäftigten zahlen müssten. „Alles darunter ist strafbar“

Laut IG BAU hat das Bundesagrarministerium klargestellt, dass es für die Landwirtschaft keine Ausnahmen vom Mindestlohn geben wird. Damit sei die „respektlose Forderung“ des Deutschen Bauernverbandes, Saisonarbeitern in der Landwirtschaft nur 80 Prozent des gesetzlichen Mindestlohnes zu zahlen, endlich vom Tisch. Denn das hätte laut Gewerkschaft insgesamt das Lohnniveau gedrückt – auch für Fachkräfte in den landwirtschaftlichen Betrieben.

Bereits heute werde in der Landwirtschaft nicht gerade üppig verdient: „Viele Betriebe suchen händeringend nach Arbeitskräften – vor allem auch nach Saisonkräften. Jede Lohndrückerei würde den Mangel an Arbeitskräften noch verschlimmern“, glaubt Holger Henze. Es sei auch nicht gerechtfertigt, „bei den Löhnen zu knausern“. Holger Henze verweist außerdem auf die Niederlande: „Die Bauern in Holland zahlen heute bereits einen Mindestlohn von immerhin 14,40 Euro pro Stunde. Sie liegen damit 1,58 Euro über dem gesetzlichen Mindestlohn in Deutschland. Und sie beliefern trotzdem den deutschen Markt mit Obst und Gemüse.“

Wer in Salzgitter und der Region auf Saisonkräfte treffe, die Hilfe benötigten, könne sich an das Beratungsnetzwerk Faire Mobilität des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) wenden per E-Mail kontakt@faire-mobilitaet.de oder unter TEl. (030) 219653721. Die IG BAU Braunschweig-Goslar nennt auch Zahlen: So waren genau vor einem Jahr – im Juli 2024 – rund 30 kurzfristig Beschäftigte zur Erntesaison in der Landwirtschaft in Salzgitter im Einsatz. Die Gewerkschaft beruft sich auf Angaben der Arbeitsagentur.

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