MAN will 600 Stellen streichen
Auch Salzgitter betroffen: LKW-Hersteller verhandelt mit der IG Metall über die Zukunft

Es geht um die Zukunft der MAN-Standorte in Deutschland: In Salzgitter sollen 600 Stellen bis 2035 wegfallen.foto: sz-pa/rk
Salzgitter. Nicht nur die Autoindustrie ist derzeit krisengeplagt, sondern auch Nutzfahrzeughersteller wie MAN Truck & Bus stehen unter Druck. Das Unternehmen verhandelt derzeit mit der IG Metall über die Zukunft der deutschen Standorte, darunter auch Salzgitter. Dort will der Konzern 600 Stellen streichen. Er legt jetzt einen Vorschlag auf den Tisch, der zwar eine Beschäftigungs- und Standortgarantie bis 2035 beinhaltet. Aber eben auch eine bittere Pille, die die Gewerkschaft schlucken müsste. Die einheitliche Plattform für Lkw TMS (Traton Modular System) soll in Osteuropa produziert werden. Damit wird es wohl auch keine Produktion von Batterien in Salzgitter geben.

Gleichzeitig will MAN in Deutschland bis 2035 rund 2.300 Stellen abbauen, indem in den kommenden zehn Jahren auf die Wiederbesetzung von Stellen verzichtet wird. „Alles andere wäre betriebswirtschaftlich falsch und würde uns in einigen Jahren voll auf die Füße fallen“, sagt Finanzvorständin Inka Koljonen in einem der Redaktion vorliegenden internen Interview. Hohe Faktor- und Stromkosten in Deutschland brächten deutliche Nachteile auch gegenüber den vielen Wettbewerbern insbesondere auch aus China. „Die sind sehr aggressiv bei den Preisen und siedeln zum Teil schon heute in Europa. Darauf müssen wir reagieren und nicht warten, bis es dann fast zu spät ist – wie im Pkw-Bereich“, warnt sie.

Die IG Metall sieht in dem Angebot vor allem einen Angriff auf die deutschen Standorte. Die Verlagerung der Lkw-Produktion nach Polen gefährde langfristig die hiesige Fertigung. „Die aktuellen Pläne des Arbeitgebers sind ein Angriff auf die Perspektiven der Beschäftigten. Statt Klarheit und Verlässlichkeit erleben wir Blockaden und taktische Manöver“, sagt Markus Hulm, zweiter Bevollmächtigter der IG Metall Salzgitter-Peine. Das Unternehmen habe Vereinbarungen überraschend gekündigt und Zielbilder ignoriert. Zudem bleibe die Kommunikation vage und ausweichend. „Für den Standort Salzgitter bedeutet das: Ein Großteil der Produktion soll gen Osteuropa verlagert werden. Von derzeitigen Arbeitsplätzen sollen nur knapp die Hälfte im Logistikzentrum verbleiben. Das ist kein Zukunftsplan, sondern ein schleichender Rückzug aus Deutschland“, so Hulm weiter.

Die Gewerkschaft fordert belastbare Zusagen, die Rücknahme der Kündigungen bestehender Vereinbarungen und Investitionen in die Zukunft der deutschen Standorte. „Es geht um mehr als Zahlen – es geht um Menschen und die Zukunft der Industrie in Deutschland. Wir erwarten Verantwortung statt Rückzug“, ergänzt Hulm. Die IG Metall hatte bereits im September vor einem schleichenden Kahlschlag des Standorts Salzgitter gewarnt. Sie sprach von einem Abbau von bis zu 1.100 der 2.300 Arbeitsplätze im Werk. Vor allem sieht die Gewerkschaft die Plattform und die Batteriefabrik in Salzgitter als wichtige Bausteine für die Zukunft der deutschen Standorte an.

Mit dem neuen Angebot möchte MAN laut einem Unternehmenssprecher „alle Produktionsstandorte in Deutschland erhalten“. Er sagt: „Wir wollen weiterhin in München, Nürnberg, Salzgitter und Wittlich Lkw, Motoren und Komponenten produzieren.“ Konkret für Salzgitter sieht der MAN-Vorschlag vor, dass die Produktion weit mehr und stärker gehalten werden soll, als ursprünglich vorgesehen. So sollen dort bis weit in die 2030er nicht-angetriebene Achsen gefertigt werden. Zudem soll der Logistikbereich weiter ausgebaut werden. Salzgitter fungiert bereits jetzt als weltweites Ersatzteilzentrallager.

In dem der Redaktion vorliegendem internen Interview verweist Personalvorstand Hubert Altschäffl darauf, dass man verschiedene Szenarien durchgerechnet und auch extern habe prüfen lassen. „Am Ende gilt es, eine ausgewogene Entscheidung zu finden. Eine zwischen Wunsch und Wirklichkeit“, sagt er.

Ein Bau der TMS-Plattform in Deutschland wäre nur unter hohen Gehaltseinbußen für die Beschäftigten möglich. Für die Fertigung der TMS-Achse in Salzgitter müssten Beschäftigte am Standort zum Beispiel rein rechnerisch für 15 Jahre auf 1050 Euro monatlich verzichten. Verteilt auf alle MAN-Beschäftigten wären es immer noch 500 Euro im Monat und das über 15 Jahre.

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