Wenn Matthias Griebenow seine aktuelle Baustelle planmäßig bis Mitte Juni nahezu besenrein hat sprich alle Behelfszufahrten zu den Anlagen-Standorten, Kranflächen teilweise sowie Lager- und Bürocontainer des Basiscamps komplett zurück gebaut sind, zieht er weiter nach Niederösterreich, um dort Anlagen aufzustellen. Auf die Teams, die derzeit bei Ehra ständig arbeiten – 30 Mann insgesamt maximal –, wird er dort vermutlich nicht wieder treffen. Arbeitssprache wird aber auch dort Englisch sein, denn die Mitglieder dieser Spezialisten-Teams kommen mittlerweile aus allen Ländern, vor allem aber aus Polen, Rumänien, Spanien und Portugal.
Noch aber ist es nicht so weit, noch müssen bei Ehra fünf Windmühlen hochgezogen werden, zwei nördlich, die anderen südlich der Bundesstraße. Nichts wird deshalb aktuell so oft gegengecheckt wie Wetterberichte, allgemein zugängliche und von Vestas zur Verfügung gestellte: „Meistens stellt sich heraus, dass die Wahrheit irgendwo dazwischen liegt.“ Bei gutem, also möglichst lauem Lüftchen, dauert es in der Regel vier Arbeitstage, bis eine Anlage steht und sich im Leerlauf in den Wind dreht. Kernarbeitszeit ist zwischen acht und 18 Uhr, wenn nötig wird aber auch nach Einbruch der Dunkelheit montiert – allerdings nicht mehr, „wenn man sieht, dass die Männer zu müde sind“.
„Es ist schon von Vorteil, wenn der Kranführer Erfahrung hat“, weiß Griebenow, der selbst nicht mehr in den Turm muss, aber sich noch gut daran erinnert: „Man darf keine Angst, muss aber Respekt haben“ – wobei die Arbeit auf den Plattformen noch die einfache Variante darstellt. Schon etwas besonderes sei der Aufenthalt oben auf der Gondel in knapp 170 Metern Höhe beim Anbau der Rotorblätter: „Auch wenn man mit Gurten gesichert ist. Es fehlt einfach die Begrenzung.“ Alle Arbeiter müssen deshalb regelmäßig ein Höhentauglichkeits-Training absolvieren und Erste-Hilfe- sowie Rettung-aus-der-Leiter-Kurse – und die einzelnen Baustellen samt ihrer GPS-Koordinaten wurden bei der Rettungsleitstelle angemeldet.
Das erste Turmsegment wird mit den beiden Kränen – der zweite ist eine Ausführung mit Teleskop-Arm, der die Last ausrichtet – in eine Aussparung des Fundaments gesetzt, die von einem externen Team mit Spezialbeton verfüllt wird. Nach 24-stündigem Aushärten werden zur Nivellierung zusätzlich ringsum am Segment Dutzende von meterlangen Bolzen mit Mega-Muttern vorgespannt und nach der Montage des zweiten Turmabschnitts, wenn alles schon mal ordentlich ins Schwingen gekommen ist, endfest angezogen. Im Inneren der Turmsegmente befinden sich eine Treppe und ein Podest – für die Arbeiter beim Zusammenbau und spätere Wartungsarbeiten.
Im Inneren des stählernen Turms werden schließlich noch Kabel verlegt vom Inbetriebnahme-Team. Auch dieses reist erst an, wenn der Aufbau beendet ist, und benötigt etwa eine Woche pro Windrad für besagte Kabelarbeiten, die finale Kalibrierung der Anlage und den Anschluss ans Stromnetz – um nach Absprache mit dem Energieversorger den elektrischen Strömen endlich freien Lauf zu lassen. Einmal in Betrieb, steuert eine Anlage sich selbst. Messgeräte auf dem Dach der Gondel liefern die dafür nötigen Wetterdaten. Jedes der sechs Windräder bei Ehra hat eine Nennleistung von 4,2 Megawatt. Und nach Einbruch der Dämmerung blinken Signalfeuer auf ihnen rot und weiß, um Flieger zu warnen.