Mehr als 100 Zuhörer und Zuhörerinnen hatten sich in Gifhorn im Mehrgenerationenhaus am Steinweg auf Einladung des Bündnisses Bunt statt Braun eingefunden. Unter ihnen viele Bürger und Bürgerinnen aus der Samtgemeinde Wesendorf. Für sie hielt Altmann einige neue Erkenntnisse bereit – er selbst bekam aber auch solche von den Zuhörern und Zuhörerinnen.
„Im Dritten Reich gab es 13 Millionen Zwangsarbeiter. Wie viele im Lager Krümme waren, darüber gibt es keine genauen Zahlen“, sagt Jörg Prilop vom Bündnis. Die Zahlen schwanken, die Außenstelle der Zuchthäuser Celle und Wolfenbüttel war während der 1940er-Jahre unterschiedlich stark belegt. Zum Kriegsende sollen es bis zu 1500 Menschen gewesen sein, die aus vielen von den Nationalsozialisten unterworfenen oder zumindest zum Teil besetzten Staaten kamen.Sowohl im Buch als auch in seinem Vortrag arbeitete Hendrik Altmann sauber die Verknüpfungen von Luftwaffe, Wunderwaffen und Zwangsarbeit. Die Häftlinge des Lagers Krümme wurden unter anderem eingesetzt, um eine 3000 Meter lange Start- und Landebahn in der Nähe des Fliegerhorstes zu bauen für den Arado AR 234, dem ersten strahlgetriebenen Bomber der Welt. Er galt als eine der Wunderwaffen, mit denen Hitler den Krieg gewinnen wollte.
Rund zwei Jahre hat Hendrik Altmann für das Buch recherchiert. Er war im Gelände, wo es „kaum noch etwas zu sehen gibt“, besuchte verschiedene Archive. „Die Quellenlage ist gering, viele Dokumente dürften vernichtet worden sein, andere wiederum sind dank deutscher Bürokratie als Kopie erhalten geblieben.“ Ursprünglich wollte Altmann die Thematik für seinen Blog found-places. blogspot.com bearbeiten – doch schnell stellte der Autor fest, dass das Thema zu umfangreich ist. So entstand das Buch.
„Bei diesen Themen stellt sich die Frage, was hängen bleibt. Auf dem Wesendorfer Friedhof liegen unbekannte Tote aus dem Lager, ein paar wenige Baureste der Rollbahn sind erkennbar, wo einst das Lager stand, stehen heute Wohnhäuser“, sagt Altmann. Von den früheren Generationen seien viele Menschen selbst beteiligt gewesen, hätten kein Interesse daran gehabt, die Themen aufzuarbeiten. Der heutigen Generation mache er keine Vorwürfe, dass so wenig bekannt und sichtbar sei, aber er appellierte an sie, die Themen aufzugreifen, damit sie nicht ganz in Vergessenheit geraten. Und weil es bisher keine rechtliche Aufarbeitung der Themen gebe – die jetzt wohl auch nicht mehr erfolgen könne, nach all der Zeit und wo die Beteiligten wohl nicht mehr lebten.
Das Buch „Der Fliegerhorst Wesendorf – zwischen Zwangsarbeit und Wunderwaffen“ kostet 24,50 Euro und kann per E-Mail an found-places@live.de bestellt werden.