Selten ist Anfang Oktober noch so viel Leben am Strand und im Bernsteinsee: Bei den ersten Bundeshundespielen tobten sich Hunde, Frauchen und Herrchen aus ganz Deutschland dort aus – sogar bei bescheidenen Temperaturen im Wasser. „Wir haben eine großartige Resonanz bekommen“, sagt Petra Leushake von der Bernsteinsee Gesellschaft. Fest stehe, dass im kommenden Jahr wieder Bundeshundespiele dort stattfinden. Auch als wetterunempfindliche Zielgruppe sind Hundebesitzer willkommen. Der Bernsteinsee will diese Zielgruppe verstärkt für sich gewinnen. „Hunde-Menschen sind Outdoor-Menschen.“
Einen verregneten Sommer werde das aber nicht ganz ausgleichen, räumt Leushake ein. Und so macht sie unter den 2023-er einen Strich. „Wir hätten uns einen schöneren Sommer gewünscht.“ Ausgerechnet die Ferien seien praktisch ein Ausfall gewesen.
Auch im Seehotel am Tankumsee haben die Verantwortlichen neue Zielgruppen im Blick. Vor Corona seien auch Touristen als Übernachtungsgäste da gewesen, so Stephan Gurk, aber vor allem Geschäftskunden. Corona und Homeoffice haben in diesem Bereich jedoch zu einem Einbruch geführt. Dafür richte man das Haus zunehmend auf Tourismus aus. Dass es dafür attraktiver geworden sei, merke man trotz des bescheidenen Sommers. „Wir sind nicht unzufrieden.“ Das habe das Seehotel auch seinem Indoor-Schwimmbad zu verdanken, auf das die Gäste bei Schlechtwetter ausweichen können.
„Ist okay“, sagt Hotelchef Armin Schega-Emmerich vom Deutschen Haus in Gifhorn zu den Übernachtungszahlen. Die Belegung sei im Vergleich um drei bis vier Prozent zurückgegangen. Er freut sich über eine „gute Mischung“ beim Publikum: unter der Woche Geschäftskunden, am Wochenende Radwanderer.
Ist 2023 besser als sein Ruf? Jörn Pache von der Südheide Gifhorn GmbH räumt ein, bislang nur gesicherte Zahlen bis Ende Juli zu haben. Und da lag die Zahl der Übernachtungen (von Januar bis Juli 185.457) um 9,2 Prozent höher als im Vergleichszeitraum 2022 (169.847), die der Gästeankünfte (69.890) um 16,8 Prozent (2022: 59.835). „Damit liegen wir beim Zuwachs über dem Landesdurchschnitt.“ Allerdings habe die Südheide die 2019-er Werte (200.640 Übernachtungen, 77.130 Ankünfte) nicht erreichen können. Das letzte Vor-Corona-Jahr sei allerdings „ein richtig gutes“ gewesen. Besser als die Corona-Jahre dürfte 2023 laut Pache allemal werden. Er ist allerdings auch gespannt, wie die Zahlen für August und September aussehen werden.
Zwischenzeitlich meldet das Statistische Landesamt landesweit einen Rückgang bei den Übernachtungszahlen für August um 2,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat. Dagegen gebe es für den Zeitraum von Januar bis August ein Plus von 11,2 Prozent bei der Zahl der Gäste im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.
Immerhin habe sich die durchschnittliche Verweildauer auf drei Übernachtungen verdoppelt, berichtet Gurk vom Seehotel. „Das Reiseverhalten wird immer kurzfristiger“, stellt Leushake fest. Zeichne sich kurz vor einem Wochenende gutes Ausflugswetter ab, hagele es am Freitag plötzlich Buchungen, die am Donnerstag noch nicht absehbar waren. Das mache das Kalkulieren nicht einfacher.
Bei der Gastronomie sieht sich Schega-Emmerich dieses Jahr gut aufgestellt. Events und Familienfeiern hätten ihm Gäste beschert. Vom Mühlenmuseum habe er dagegen nicht profitiert, und die Autostadt in Wolfsburg spiele auch nicht mehr die Rolle wie früher.
Südheide-Manager Pache behält dennoch auch die Tagesgäste im Blick, die aus seiner Sicht ein Faktor für die Gastronomen bleiben. Die sehr schöne Heideblüte in diesem Jahr könnte den Betrieben in die Karten gespielt haben.
Pache blickt zuversichtlich auf das kommende Jahr. „Das Thema Radfahren wird die Nummer eins bleiben.“ Bei der Beschilderung der Freizeitwege habe sich viel getan, 2024 sei die kreisweite Einführung eines Knotenpunktsystems mit mehr als 300 Knotenpunkten geplant. „Ein Grund mehr für Radwandernde, in unsere Region zu kommen.“ Ein weiterer Grund sei – auch gern außerhalb der Sommersaison – die Natur rund um Gifhorn. Pache freut sich beispielsweise auf die Fertigstellung der neuen Tränkedammbrücke über die Ise nordöstlich von Kästorf, die dann den neuen Rundwanderweg der Stadt mit Rastplatz dort komplettiert, wo Naturbegeisterte im Frühjahr und Herbst Zugvögel beobachten können.
Aus Sicht von Schega-Emmerich braucht es für Gastronomie und Hotellerie noch mehr Unterstützung von der Bundespolitik. 19 statt sieben Prozent Umsatzsteuer? „Wenn die raufgeht, wird das ein harter Schlag.“ Er fürchtet, dass dann Kunden wegbleiben, zumal er schon angesichts der Verdoppelung seiner monatlichen Gaskosten auf 5.000 Euro Preise anpassen musste.