Beim Öffnen der Tür stockte Peter Stamm der Atem. „So etwas hatte ich mir nicht vorstellen können“, berichtet der Wesendorfer, den am Bahnhof Gifhorn (Süd) ein dringendes Bedürfnis ereilt hatte. Er dokumentierte den Anblick – die verschmierte Edelstahltoilette, darauf und drumheruem Papier – mit dem Smartphone. „Ich kann mir gut vorstellen, welche Eindrücke es bei Besuchern der Stadt Gifhorn hinterlässt, die mit der Bahn anreisen und ein gleiches, persönliches Bedürfnis haben.“
Die VLG-Busfahrer verkneifen sich das dort längst, sagt Betriebsratsvorsitzender Dennis Hinze. „Da gehen die Kollegen nur im äußersten Notfall auf Toilette.“ Dank der längeren Standzeiten gebe es die Möglichkeit, am nahen Betriebshof Geschäfte zu erledigen.
Die AZ machte sich selbst ein Bild. Im Pissoir des Toilettenhäuschen war das Urinal übergelaufen und hatte seinen Inhalt auf den Boden ergossen. Im Handwaschbecken lag eine leere Raffaelo-Verpackung. Doch wer will sich im Urin stehend da noch die Hände waschen? Einen auf den ersten Blick durch die Tür besseren Eindruck macht die Damentoilette am Bahnhof Gifhorn Stadt, das Herrenklo konnte die AZ nicht näher inspizieren, es war verschlossen. Inzwischen ist es laut Stadtsprecher Frank Kornath wieder geöffnet, nachdem die Stadt Vandalismus- und Graffitischäden hat beheben lassen.
Ein Dienstleister reinige die Anlagen täglich, sagt Kornath. Doch schon teilweise nach ein bis drei Stunden fände man sie wieder „in einem stark verschmutzten und durch Vandalismus geprägten Zustand“ vor. Den Stadtplanern platzt offenbar inzwischen der Kragen. Kornath: „An beiden Bahnhöfen werden im Moment umfangreiche Neugestaltungen und Baumaßnahmen geplant. In diesem Rahmen werden auch die Toilettenanlagen erneuert.“ Soviel stehe jetzt schon fest: „Es werden vanadalismussichere – wie die Autobahntoiletten.“
Bis dahin auf Toiletten im Zug ausweichen? Das ist nicht immer gewährleistet, wie eine Gifhornerin neulich im Erixx nach Uelzen feststellen musste. Bei der mehr als einstündigen Fahrt habe das Zugpersonal ein Einsehen gehabt und sie auf die verschlossene Toilette gelassen. „Da war ein Rohr kaputt, das Wasser stand in der Toilette.“ Wenigstens habe sie nur ein „kleines Geschäft“ erledigen müssen.
Wie häufig Toiletten ausfallen, lässt sich laut Erixx- und Enno-Sprecher Simon Märtens nicht pauschal angeben. „Insbesondere an Tagen mit hohem Fahrgastaufkommen kann es vorkommen, dass der Frisch- oder Grauwassertank während der Fahrt leer wird beziehungsweise die Füllgrenze im Abwassertank erreicht wird.“ Um dies zu vermeiden, seien Stopps zur Ver- und Entsorgung vorgesehen. Größere Störungen oder Defekte bearbeite die zuständige Werkstatt umgehend.
Da hat die Gifhornerin eine andere Erfahrung gemacht. Ihr Zug damals sei schon mit defekter Toilette gestartet. Märtens räumt ein, dass es zu dem Zeitpunkt gerade die Fahrzeugverfügbarkeit eingeschränkt war, weil Fahrzeuge wegen Unfällen oder Reparaturen in der Werkstatt standen. „Dies führt leider unmittelbar zu einer Verkleinerung der Fahrzeugflotte und damit zu einer eingeschränkten Verfügbarkeit von Reservefahrzeugen. Eine Alternative wäre gewesen, die Leistungen ganz ausfallen zu lassen.“ Auch könnten Toiletten während einer Fahrt ausfallen und bei der Rückfahrt weiterhin defekt bleiben, weil am Zielort kein Ersatzfahrzeug zur Verfügung stand. „Solche Situationen können leider nicht gänzlich ausgeschlossen werden.“
Zugtoiletten spülen das Abwasser in einen Tank – und zwar durch enge Rohre. Fremdgegenstände können diese schnell verstopfen und zu aufwändigeren Reparaturen führen, so Märtens. Deshalb sollen keine Gegenstände oder Abfälle in der Toilette entsorgt werden.